Köln – Zwei Jahre nach dem Krieg ging es auch in Frankreich wieder aufwärts. Citroën trug dem Aufschwung zum Pariser Salon 1947 mit einer besonderen Premiere Rechnung. Der Typ H sollte als wandlungsfähiger Kleintransporter die Bauern mobil machen und die Wirtschaft in Schwung bringen.
Das gelang mit Erfolg: An seinem charakteristischen Wellblech-Aufbau sofort zu erkennen, eroberte er im Nu das Straßenbild und wurde für Frankreich so typisch wie die dreirädrige Ape für Italien und der VW-Bus für das Deutschland der Wirtschaftswunderjahre.
Dabei waren die Citroën-Ingenieure ihrer Zeit mal wieder voraus, sagt Stephan Joest Dachverband der Clubs Amicale Citroën & DS Deutschland aus Düsseldorf. Denn mit dem Motor im Bug, dem Abtrieb an der Vorderachse, einem niedrigen Rahmen und einer selbsttragenden Karosserie gilt der Typ H als Vorreiter einer Bauform, die das ursprüngliche Heckmotor-Konzept des VW Bus um Jahrzehnte überdauert hat und beim Transporter noch heute Stand der Technik ist.
Zwar ging das für damalige Verhältnisse revolutionäre Konstruktionsprinzip auf den Citroën TUB zurück, den die Franzosen bereits 1939 eingeführt hatten. Doch weil der Krieg dem TUB in die Quere kam und dessen Produktion schon nach nicht einmal 2000 Exemplaren wieder eingestellt werden musste, gilt heute der Typ H als Urvater des modernen Kastenwagens. Ein darüber hinaus angedachter kleinerer «Typ G» schaffte es nicht zur Marktreife.
Dabei nennt Citroën als größten Vorteil der Konstruktion ihre große Vielseitigkeit zu kleinen Kosten: Weil keine Kardanwelle nach hinten benötigt wurde, konnten die Ingenieure nicht nur einen flachen Ladeboden verwirklichen, sondern auch bei allen Versionen denselben Antriebsstrang verwenden. Der im Geist von Flugzeugen wie der Junkers JU 52 zwecks Gewichtsreduktion und Stabilität aus Wellblech konstruierte Aufbau war deshalb «Meterware».
Und weil der Typ H häufig als Kaufladen oder Imbissbude unterwegs war, gab es nicht nur eine ausklappbare Theke mit Vordach, sondern im Handschuhfach sogar eine eingebaute Kasse, wie man im Citroën-Archiv nachlesen kann. Der Citroën HY ist das häufigste Modell des Citroën Typ H und wurde meist als Typbezeichnung für alle Varianten (H, HY, HX, HW, HZ und 1600) verwendet. Experten loben den technischen Weitblick des Autos, und Fans schwelgen in der Erinnerung.
Mit der Romantik ist es schnell vorbei, wenn man zum ersten Mal durch die bis 1968 gegenläufig angeschlagene Tür klettert und sich hinter das spindeldürre Lenkrad schwingt: Nicht nur, dass die Fahrleistungen des 1,6-Liters mit seinen bis 1963 nur 29 kW/40 PS – nun ja – gemütlich sind und man schon kräftig mit den drei Gängen arbeiten muss, wenn man den Typ H mal auf Tempo 100 bringen will. Sondern zu allem Übel dringt aus dem Kasten zwischen den Sitzen, unter denen sich der Vierzylinder redlich Mühe gibt, schon nach wenigen Minuten eine mächtige Hitze und der muffige Duft von heißem Öl.
Obwohl in einer ungewöhnlich langen Bauzeit von 33 Jahren bis 1981 immerhin knapp 500 000 Exemplare vom Band liefen, spielt der Kastenwagen auch in der Oldtimer-Szene nur eine Nebenrolle, heißt es in der deutschen Citroën-Zentrale in Köln. Die schätzt den deutschen Bestand auf gerade einmal 200 Fahrzeuge. Eine moderne Interpretation kommt aus Italien. Dort haben in diesem Jahr ein Designer und ein Karosseriebauer einen GFK-Anbausatz für den Citroën Jumper vorgestellt, um ihn optisch an den H anzugleichen.
(dpa/tmn)