Wehrleins Sorgen nach Rauswurf der Chefin

Baku – Nach dem Blitz-Rauswurf seiner Chefin fährt Pascal Wehrlein mit neuer Ungewissheit in seine Formel-1-Zukunft.

Mit kurzen Sätzen und spürbarer Verunsicherung erklärt der deutsche Rennfahrer in Baku seine Sicht auf den erzwungenen Abschied von Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn kurz vor dem Grand Prix in Aserbaidschan. «Das kam für mich sehr überraschend», sagt Wehrlein, dem die Österreicherin selbst kurz nach der Entscheidung telefonisch die Nachricht überbracht hatte. «Persönlich finde ich es schade, weil ich immer sehr gut mit Monisha ausgekommen bin», meint Wehrlein.

«Unterschiedliche Sichtweisen» hatte Sauber-Vorstandschef Pascal Picci in einer nächtlichen Mitteilung als Grund für die sofortige Trennung von Kaltenborn genannt, die 2012 zur ersten Teamchefin der Formel 1 aufgestiegen war. Vermutungen, eine von den schwedischen Geldgebern gewünschte und von der 46-Jährigen abgelehnte Vorzugsbehandlung des Schweden Marcus Ericsson gegenüber Teamkollege Wehrlein habe den Zwist ausgelöst, wies Picci zurück. Dagegen lässt Wehrlein auf Fragen zur Gleichstellung der beiden Sauber-Piloten schmallippig wissen: «Das möchte ich nicht kommentieren.»

Genau dieses heikle Thema dürfte die Sorgen des 22-Jährigen nach dem plötzlichen Aus von Kaltenborn nähren. Hinter dem Teambesitzer Longbow Finance stehen schwedische Investoren, die mit Verpackungen reich geworden sind. Dass diese künftig noch stärker auf Ericsson als auf Wehrlein setzen könnten, liegt nahe. Dabei hatte der Deutsche in diesem Jahr mit Platz acht in Spanien für die bislang einzigen WM-Punkte des seit langem sportlich kriselnden Rennstalls gesorgt.

Im Fahrerlager von Baku schiebt Wehrlein die Zweifel vorerst beiseite. «Wir versuchen einfach, unseren Job zu machen, darauf konzentrieren wir uns», sagt der frühere DTM-Champion. Teammanager Beat Zehnder und Technikdirektor Jörg Zander führen die Sauber-Crew in Aserbaidschan. Ein neuer Teamchef solle «demnächst» präsentiert werden, versichert Vorstandschef Picci.

Ob Kaltenborns Nachfolger schon beim Gastspiel in Österreich am 9. Juli die Geschäfte führt, ist völlig offen. Als Kandidaten für den Job sind frühere Teamchefs wie Colin Kolles, Fréderic Vasseur und Graeme Lowdon im Gespräch. «Ich weiß nicht, was ich davon erwarten soll», sagt Wehrlein mit Blick auf die Teamchefsuche.

Für den Mann aus dem Mercedes-Nachwuchs ist es nicht die erste unangenehme Erfahrung in seiner Premierensaison bei Sauber. Ein Unfall bei einem Spaß-Rennen im Januar kostete ihn die Starts bei den ersten beiden Grand Prix, weil er wegen einer schweren Rückenverletzung nicht trainieren konnte. Es gab sogar Gerüchte, dass er sein Cockpit verlieren könnte.

Spätestens sein Husarenstück mit Platz acht in Barcelona schien seine Position im Team zu festigen. Ein beängstigender Unfall in Monaco und ein selbst verschuldeter Crash zuletzt in Kanada warfen Wehrlein aber wieder zurück. Auch in Baku stellt er sich auf harte Tage ein. «Zuviel können wir uns hier nicht versprechen», sagt er.

In den vergangenen 31 Rennen holte das Team nur zweimal Punkte. In diesem Jahr setzt Sauber auf den Vorjahresmotor von Ferrari und ist erneut oft chancenlos. Sauber liegt in der Teamwertung auf Rang neun vor dem punktlosen Rivalen McLaren, der von seinem defektanfälligen Honda-Motor ausgebremst wird. Für 2018 ist Sauber eine Partnerschaft mit Honda eingegangen und muss nach den Eindrücken dieser Saison daher erneut um seine Wettbewerbsfähigkeit fürchten.


(dpa)

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