Saarbrücken – Wer auffährt, hat Schuld: Meist haftet wegen des Anscheinsbeweises nach einem Auffahrunfall der Hintermann allein. Doch wenn der Vordermann völlig grundlos in die Bremse steigt, kann er mithaften müssen. Das zeigt ein Urteil (Az.: 13 S 69/19) des Landgerichts Saarbrücken.
Der Fall, auf den der ADAC hinweist, spielte sich folgendermaßen ab: Eine Frau war außerorts mit dem Auto unterwegs. Auf der Straße reduzierte sich das Tempolimit von 70 km/h auf Tempo 50, und die Frau bremste ab. Zunächst tat sie dies nur leicht, dann aber bremste sie den Wagen ohne erkennbaren Grund fast bis zum Stillstand herunter.
Ihr Hintermann konnte nicht rechtzeitig bremsen und fuhr auf. Nach dem Unfall forderte er Schadenersatz in Höhe von 50 Prozent – für ihn war das grundlose Abbremsen verantwortlich für den Unfall gewesen.
Doch die Versicherung der Frau verweigerte die Zahlung und verwies auf den Anscheinsbeweis. Das Amtsgericht betätigte diese Auffassung. Der Auffahrende ging daraufhin in Berufung – und zwar mit Erfolg.
Zwar attestierte das Gericht, dass die Frau durch ihr Bremsmanöver ohne ersichtlichen Grund den rückwärtigen Fahrer verstärkt gefährdet hatte – und auch mit unvermittelt auftauchenden Hindernissen müsse ein Hintermann rechnen. Daher ging das Landgericht davon aus, dass der Mann mit zu geringem Abstand oder nicht aufmerksam fuhr.
Doch das völlig grundloses Abbremsen der Frau sei im Verhältnis zu einem zu geringen Abstand oder unaufmerksamem Fahren als gleichwertig zu beurteilen. Daher wog das Landgericht beide Verschuldensanteile gegeneinander ab und entschied auf eine jeweils hälftige Beteiligung.
(dpa/tmn)