Silverstone – Noch vor einem Monat war Max Verstappen das Sorgenkind der Formel 1. Drei Rennen später schlagen dem 20 Jahre alten Niederländer Bewunderung, Lob und Anerkennung entgegen.
Sein Sieg am beim Großen Preis von Österreich in Spielberg war auch ein Ergebnis eines erstaunlichen Reifeprozesses des Red-Bull-Piloten binnen kurzer Zeit. «Max hat seinen Kritikern gezeigt, dass er nicht nur von der Strecke fliegen kann», sagt Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko.
Vor dem Grand Prix von Großbritannien am Sonntag (14.10 Uhr) in Silverstone scheint Verstappen wieder das Versprechen für die Zukunft zu sein, als das er seit seinem Einstieg in die Formel 1 Anfang 2015 gehandelt wird. Damals war er gerade 17 Jahre alt. Permanent angetrieben von seinem Vater Jos Verstappen, der selbst über 100 Formel-1-Rennen bestritt, gilt Verstappen junior als künftiger Herausforderer für die Vierfach-Weltmeister Lewis Hamilton von Mercedes und Sebastian Vettel im Ferrari.
Schon in dieser Saison hätte der junge Oranje-Fahrer aus dem Titelduell zwischen dem Briten und dem Deutschen einen Dreikampf machen können. Doch in den ersten sechs Rennen des Jahres fiel er mit Un- und Ausfällen auf. Kein Wochenende verlief, ohne dass Verstappen negativ auf sich aufmerksam machte. Selbst Teamchef Christian Horner verlangte ein Umdenken von ihm.
Vor allem nach dem Wochenende in Monaco wurde die Kritik an dem Hochbegabten wegen seines ungestümen und oft zu aggressiven Fahrstils lauter. Im Fürstentum hatte er die Chance auf einen Doppelerfolg von Red Bull beim Prestige-Grand-Prix vergeben, als er im dritten Training seinen Wagen in die Mauer setzte. Er konnte keine Qualifikation fahren und fand sich am Schluss der Startaufstellung wieder. Er schaffte es im Rennen noch auf Rang neun, sein Teamkollege Daniel Ricciardo holte seinen zweiten Saisonsieg.
Die Kritik nagte an Verstappen. Vor dem Rennen in Montréal Anfang Juni reagierte er gereizt. Als ein britischer Journalist ihn erneut auf seine Fahrweise ansprach, meinte er, wenn er noch mehr solche Fragen höre, «werde ich jemandem einen Kopfstoß verpassen».
Verstappen hat die Antwort auf die Kritik und die Zweifel an ihm gegeben. Platz drei in Montréal, Platz zwei im französischen Le Castellet und Platz eins in Spielberg – drei fehlerfreie Rennen.
Sein vierter Karrieresieg in Österreich wurde erst möglich durch den Mercedes-Doppelausfall von Hamilton und Valtteri Bottas. Doch als die Chance da war, nutzte Verstappen sie konsequent. Erst sein Überholmanöver in der ersten Runde gegen Kimi Räikkönen im Ferrari, dann seine kluge Fahrweise am Ende, als seine Reifen abzubauen drohten – in Spielberg zeigte er sein Potenzial.
«Ich habe noch nie so gutes Reifenmanagement gesehen, bestimmt nicht von einem 20-Jährigen», lobte Marko. Vater Verstappen forderte: «Die Leute sollten nie mehr Max‘ sogenannten aggressiven Fahrstil in Frage stellen.» Sein Sohn wisse, was er tue. «Er muss einige kleine Dinge verändern. Das versteht er selbst. Doch durch das Sammeln von Erfahrungen wird er immer besser.»
Vor dem zehnten von 21 Rennen stellt sich die Frage nach dem Was-wäre-wenn. Verstappen liegt 53 Punkte hinter dem WM-Führenden Vettel (146 Punkte), der nur einen Zähler mehr als Hamilton hat.
Doch wo stünden der Niederländer und Red Bull, wenn er von Beginn der Saison an so gefahren wäre? «Wir sollten heute die Meisterschaft anführen», sagt Teamchef Horner. «Ich denke aber, es gibt noch eine Chance in beiden Meisterschaften, und wir haben zu diesem Zeitpunkt im Jahr noch nichts abgeschrieben.»
(dpa)