Spektakulärer Gast: Zanardi startet bei DTM-Rennen

Misano – Alessandro Zanardi setzt sich für seine besondere DTM-Premiere nur kleine Ziele. Beim Gaststart des beinamputierten früheren Formel-1-Fahrers im Deutschen Tourenwagen Masters geht es um mehr als nur den Blick auf die Ergebnistabellen.

«Ich werde versuchen, zumindest ein Auto hinter mir zu lassen. Mal sehen, ob ich das schaffe», sagt der 51 Jahre alte Paralympics-Star. «Das Wichtige ist, dass ich aus Misano das Wissen mitnehme, dass ich mein Bestes gegeben habe.» Die Gaststarts seien ein «großartiges Erlebnis, das mir Spaß machen wird».

Zanardi wird der mit Abstand älteste Pilot im Feld sein, wenn er am Samstag und Sonntag (jeweils 22.30 Uhr) im italienischen Misano bei den ersten Nachtrennen der DTM-Historie mitfährt. «Eigentlich ist da kein Platz für einen alten Sack wie mich, trotzdem klaue ich mir welchen», sagte er scherzhaft der «Sport Bild».

Durch einen Unfall auf dem Lausitzring 2001 verlor Zanardi beide Beine. Trotzdem fuhr er später wieder Autorennen in verschiedenen Serien, plant im kommenden Jahr einen Start beim 24-Stunden-Rennen in Daytona Beach. Auch neben dem Motorsport fordert er sich heraus. Im Paracycling gewann er bei den Paralympics in London und Rio de Janeiro insgesamt drei Mal Einzel-Gold und ein Mal im Team, auf einen weiteren Start bei den Spielen 2020 in Tokio hofft Zanardi.

Für viele ist der Italiener ein Vorbild in Sachen Lebensmut. «Meine Geschichte ist ein Beweis dafür: Das Leben ist nie zu 100 Prozent gut oder zu 100 Prozent schlecht», sagte er einmal. «Man sollte immer nur jeden einzelnen Tag als Gelegenheit sehen, etwas zu erreichen.»

In Misano sitzt er in einem speziell für ihn umgebauten Wagen, wenn er erstmals DTM-Rennen bestreiten wird. Bein-Prothesen braucht er anders als bei bisherigen Motorsport-Einsätzen seit seinem Unfall nicht, bremsen kann der Italiener jetzt mit der Hand. Dabei muss Zanardi BMW-Angaben zufolge jedes Mal bis zu 65 Kilo wegdrücken. «Ich muss tatsächlich einiges an Druck generieren, aber meine Arme sind stark genug, dies zu tun – und um es in der folgenden Runde wieder zu tun.» Helfen werde ihm dabei das Handbike-Training.

Zanardi ist der spektakulärste DTM-Gastfahrer in diesem Jahr. Die Teilnehmer der Rennserie, BMW, Mercedes und Audi, dürfen in dieser Saison jeweils an einem Rennwochenende einen Gast starten lassen.

Punkte holen können sie zwar nicht, für die Meisterwertung sind diese Starter somit unwichtig. Doch zumindest aus PR-Sicht und bei der Fan-Pflege interessieren diese Maßnahmen. Audi ließ gleich zum Auftakt in Hockenheim seinen langjährigen Piloten Mattias Ekström hinters Steuer und verschaffte dem Schweden so einen prominenten Ausstand. Mercedes wird am vorletzten Wochenende der Saison Ende September im österreichischen Spielberg dem fünfmaligen Rallye-Weltmeister Sébastien Ogier ein Cockpit bereitstellen.

Zusätzliche Aufmerksamkeit kann die DTM gut gebrauchen. Weil Mercedes nach der Saison aussteigt und noch kein Nachfolger feststeht, ist die Zukunft der Serie weiter offen. Dabei hofft DTM-Chef Gerhard Berger, die Serie künftig internationaler positionieren zu können, wenn sie denn bestehen bleibt.

Abseits der Zanardi-Gastfahrten wird am Wochenende an der Adriaküste der britische Mercedes-Pilot Gary Paffett (37) versuchen, seinen Vorsprung in der Meisterschaft zu halten oder sogar auszubauen. Ausgerechnet DTM-Aussteiger Mercedes dominiert die Saison bislang. Und Paffett, in Misano hinter Zanardi zweitältester DTM-Pilot, liegt bereits 29 Punkte vor Platz zwei, auf dem sein Markenkollege Paul Di Resta steht. Sollte Paffett an den restlichen vier DTM-Wochenenden in diesem Jahr konstant in die Punkte fahren, ist ihm sein erster Titel seit 2005 kaum noch zu nehmen.


(dpa)

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