Die Flut von schrecklichen Nachrichten über schwere Verkehrsunfälle ebbt einfach nicht ab. Nicht selten sind in diesen Fällen große Lkw beteiligt. Ob schuldhaft, durch technisches Versagen oder auch nur als beiläufig Beteiligter – Unfälle mit Lkw gehen oft mit schweren Verletzungen oder sogar Todesfällen einher. Ein Grund mehr, sich genau dieser Thematik anzunehmen und Risikominimierung zu betreiben.
Eine große Unfallursache, genauer gesagt in 40 Prozent aller Unfälle, ist Müdigkeit und Unaufmerksamkeit des Fahrers. Durch Müdigkeit verursachte Unfälle sind oftmals noch schwerer, weil der Fahrer nicht in der Lage ist, die Unfallfolgen durch Bremsen zu reduzieren. Diese Erkenntnis hat nun dazu geführt, dass Scania einen Aufmerksamkeitsassistenten als Standardausstattung eingeführt hat. Das ausgereifte Prognosesystem analysiert den Aufmerksamkeitsgrad des Fahrers anhand von Daten aus verschiedenen Quellen und warnt ihn, wenn seine Aufmerksamkeit abschweift.
Warnsysteme gehören heutzutage bereits zur Standardausstattung vieler Pkw – umso bedeutender ist ihr Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen. "Die Lösungen sind nicht dieselben, da Pkw-Fahrer nur selten vergleichbare Zeiträume auf der Straße verbringen wie Lkw-Fahrer. Daher müssen die Warnsysteme viel genauer sein", sagt Christian Hottgenroth, Direktor Verkauf Lkw Scania Deutschland Österreich.
Zunächst wird während der ersten 15 Minuten der individuelle Fahrstil ausgewertet. Dabei dienen 60 km/h und schneller als Ausgangswert. Anschließend werden die Lenkradbewegungen analysiert, um festzustellen, ob ein Verhalten außerhalb der Norm vorliegt. Die Analyse konzentriert sich vor allem auf Momente, in denen eine kurze Inaktivität am Lenkrad von einer schnellen, ruckartigen Lenkradkorrektur gefolgt wird. Dieses Verhalten kann oft beobachtet werden, wenn der Fahrer die Fahrsituation nicht aufmerksam genug verfolgt, zum Beispiel wenn er während des Fahrens sein Handy bedient.
Die Daten der Fahrstilanalyse werden mit Informationen der Kamera analysiert, um ein Verlassen der Fahrspur zu erkennen. Diese Kamera dient auch als Grundlage für den Spurhalteassistenten. Die Spurhaltefähigkeit des Fahrers ist ein wichtiger Faktor zur Beurteilung seines Aufmerksamkeitsgrades.
Eine im Lauf der Zeit verminderte Spurhaltefähigkeit ist folglich ein Anzeichen für abnehmende Aufmerksamkeit. Ein solches ungleichmäßiges Fahrverhalten ist normalerweise auf Müdigkeit zurückzuführen. Es kann aber auch andeuten, dass der Fahrer abgelenkt ist, zum Beispiel durch Telefonieren oder Texten mit dem Handy. Das Spurhalte-Verhalten wird immer im Verhältnis zum üblichen Fahrstil des Fahrers bewertet.
Der daraus resultierende Wert nennt sich "kombinierter Aufmerksamkeitsgrad". Dieser Wert wird dem Fahrer angezeigt und löst auch die Warnmeldungen aus. Auf einen zu niedrigen Aufmerksamkeitsgrad wird akustisch und visuell auf einer Skala hingewiesen. Die Balken auf der Skala sind solange grün, bis der Wert eine Grenze unterschreitet, ab der ein Risiko besteht – dann wird die Anzeige gelb.
Die Warnung wird in zwei Stufen ausgegeben: Zuerst wird gemeldet, dass der Fahrer offensichtlich abgelenkt ist und dann wird vorschlagen, eine Pause einzulegen. "Eine Pause ist der beste Weg, um mit Müdigkeit fertig zu werden", so Hottgenroth. "Viele Leute denken, dass es reicht, die Temperatur im Fahrerhaus durch das Öffnen eines Fensters zu senken. Dieser Effekt ist jedoch nur von kurzer Dauer. Eine Pause ist viel wirksamer."
Quelle: GLP mid