München – Die Formel 1 wird auch in den nächsten drei Jahren von RTL im Free TV übertragen. Zudem strahlen RTL und Nitro ab der Saison 2018/2019 ebenfalls drei Jahre lang die Europa League aus.
«Sportrechte sind nie ein Sonderangebot», sagte der Programm-Geschäftsführer von RTL, Frank Hoffmann, der Deutschen Presse-Agentur im Interview. Für die Nachfolge des Ende dieser Saison ausgeschiedenen Niki Lauda als Formel-1-Experte hat der Kölner Sender eine weltmeisterliche Lösung gefunden.
Herr Hoffmann, ist das Festgeldkonto der RTL-Gruppe kurz vor Weihnachten jetzt geplündert?
Frank Hoffmann: Was wir machen, machen wir mit Bedacht. Das ist die konsequente Fortsetzung unserer Strategie, in eigene Inhalte und vor allem in exklusive Rechte zu investieren. Wir möchten RTL abgrenzen, vor allem von der privaten Konkurrenz.
Günstig waren die Rechte nicht, oder?
Hoffmann: Sportrechte sind nie ein Sonderangebot, aber gute Sportrechte sind Rechte mit Geling-Garantie. Man weiß, was man bekommt, und man bekommt viel. Unser Motto ist: großer Sport für alle, und für unsere Zuschauer auch noch kostenlos.
Zahlen Sie für die Formel-1-Rechte mehr als bei der letzten Vertragsverlängerung 2015?
Hoffmann: Wir sprechen nicht im Detail über Zahlen, insofern möchte ich mich dazu nicht äußern.
Wie wichtig ist die Formel 1 in Ihrem Sportkonzept?
Hoffmann: Die Formel 1 ist sehr wichtig, weil sich zwei starke Marken treffen. Die Formel 1 profitiert sehr stark von RTL, RTL profitiert aber auch sehr stark von der Formel 1. Wir haben die Königsklasse seit 26 Jahren im Programm, sie gehört zur Erfolgsgeschichte von RTL. Uns würde etwas fehlen, wenn wir sie nicht mehr im Programm hätten. Man erreicht mit der Formel 1 selbst am Sonntagnachmittag sehr, sehr viele Zuschauer, deutlich über vier Millionen im Schnitt. Das schaffen viele Wettbewerber oftmals nicht mal mit ihren Abendsendungen.
Wie muss man sich die Verhandlungen mit der Formel-1-Führung vorstellen?
Hoffmann: Es war von Anfang an zu spüren, dass beide Parteien einander schätzen und wieder zueinander finden wollten. Also muss man einen gemeinsamen Nenner finden, und den haben wir gefunden. Sie konnten sich in unser Geschäft hineindenken, wir haben uns sehr gut in ihre Bedürfnisse hineinversetzen können.
Formel-1-Besitzer Liberty Media forciert eine Mischstrategie zwischen Free und Pay TV, wobei immer mehr ins Bezahlfernsehen abwandert. Wie haben Sie es geschafft, die Rechte im Free TV zu halten?
Hoffmann: Zu allen Verhandlungen gehören Fairness und die Qualitätspflege des Produkts. Das, was wir aus der Formel 1 machen, mit der Vorberichterstattung, der Nachberichterstattung, aber auch mit der Berichterstattung in all unseren Magazinen und News über die ganze Woche hinweg, bietet so viel mehr als nur die Liveübertragung. Das ist ein Argument, dass die Verhandlungspartner zu würdigen wissen.
Wie wichtig war der Aufschwung von Sebastian Vettel mit Ferrari für Ihre Entscheidungsfindung?
Hoffmann: Das kann man nicht voneinander trennen. Die deutschen Fahrer Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg, oder früher Nico Rosberg oder Michael Schumacher, tragen ganz erheblich dazu bei, dass es in Deutschland ein hochattraktives Sportrecht ist. Sebastian Vettel hat die Quoten in diesem Jahr lange Zeit in die Höhe getrieben, dadurch bekommt man natürlich noch mehr Lust auf die Formel 1. Sebastian Vettel ist sicher einer der Fahrer, den die Zuschauer ganz besonders lieben.
Müssen Sie beim Format der Sendungen nachjustieren? Vielleicht auch bei den Kommentatoren?
Hoffmann: Wir werden die Formel 1 ganz sicher weiterentwickeln. Unsere Sportredaktion macht sich jedes Jahr Gedanken, wie man die Formel 1 noch spannender darstellen kann.
Wünschen Sie sich Änderungen im Grand-Prix-Format?
Hoffmann: Die Formel 1 hatte sich zuletzt einmal in eine Richtung entwickelt, die wir nicht uneingeschränkt begrüßt haben. Da wurden die Motoren erst leiser und dann wieder lauter gemacht. Das nimmt dem Rennsport seinen Charme. Die neuen Eigentümer sind auf einem wirklich guten Weg, weil sie echten Motorsport zeigen wollen. Es ist auch unser primäres Anliegen, dass man den Motorsport deutlich zu spüren bekommt. Dazu gehört auch ein guter Sound.
Haben Sie mal mit dem Gedanken gespielt, die Verhandlungen über die Formel 1 abzubrechen, um in Ihrer Sportberichterstattung zum Beispiel mit einer anderen Serie einen komplett neuen Reiz zu setzen?
Hoffmann: Dazu gab es keine Überlegungen. Die Formel 1 ist ein Premium-Sportrecht. Da kommt keine andere Rennserie heran. Solche Marken lassen sich auch nicht innerhalb weniger Jahre aufbauen. Mit Niki Lauda hat RTL seinen langjährigen Formel-1-Experten verloren. Haben Sie schon eine Nachfolgeregelung getroffen?
Hoffmann: Im kommenden Jahr können wir mit Nico Rosberg und Timo Glock auf zwei ganz starke Experten zurückgreifen. Wenn einer weiß, wovon er spricht, dann ist es der Weltmeister des Vorjahres. Nicos technisches Know How, sein Insider-Wissen, seine Kontakte zu Fahrern, Mechanikern und Teamverantwortlichen – mehr Zugang zur Formel 1 geht einfach nicht. Gleiches gilt für Timo Glock, der schon in der zurückliegenden Saison mehrmals für RTL im Einsatz war und dafür sehr viel Lob von den Zuschauern bekommen hat.
Franz Beckenbauer hat einmal den Vorgängerwettbewerb der Europa League als «Cup der Verlierer» bezeichnet. Warum schlägt da RTL mit dem Erwerb der Rechte ab 2018/19 zu?
Hoffmann: Wir finden die Europa League sehr interessant, auch deshalb, weil dort europäische Spitzenklubs vertreten sind. Aktuell etwa sind unter anderem Arsenal London, Atlético Madrid, Borussia Dortmund und RB Leipzig im Topf. Hinzu kommt: Es ist ab Mitte 2018 das einzige internationale Fußball-Sportrecht im Free TV, insofern wird es an Bedeutung gewinnen.
Die deutschen Mannschaften haben in dieser Saison in Europa und vor allem der Europa League sehr schwach abgeschnitten. Würden Sie es sich jetzt noch mal anders überlegen, die Rechte zu holen?
Hoffmann: Es wäre fahrlässig, wenn wir unsere Investitionen abhängig machen würden von den Leistungen einzelner Vereine.
Mit Partien wie Östersund gegen Bilbao werden Sie künftig Ihre Zuschauer aber kaum begeistern können.
Hoffmann: An den sechs Spieltagen der Gruppenphase haben wir ohnehin eine Garantie auf sechs deutsche Spiele. Und auch in der K.o.-Phase können wir uns die attraktivste Begegnung herauspicken. In der Vergangenheit hat man aber auch gesehen, dass manch eine Begegnung, die auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär erschien, erstaunliche Reichweiten hatte. Wer sollen die Gesichter der Europa-League-Übertragungen werden?
Hoffmann: Wir haben da noch viel Zeit und müssen uns jetzt noch nicht festlegen.
ZUR PERSON: Frank Hoffmann (51) ist seit Februar 2013 Geschäftsführer Programm von RTL. Der Fan des 1. FC Köln arbeitete davor unter anderem als Redakteur für das RTL-Magazin «Explosiv». Von April 2005 an bis zu seinem Wechsel zu RTL war er Geschäftsführer von VOX.
(dpa)