São Paulo – Quälendens Warten, quengelnde Piloten und enttäuschte Zuschauer – erst der neue «Rain Man» Max Verstappen rettete die Formel 1 vor einem Schönwetter-Image.
Auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff verneigte sich vor dem niederländischen Ausnahmetalent nach dessen famoser Leistung beim Großen Preis von Brasilien. «Das war ganz klar die Verstappen-Show», sagte Wolff: «Eine unglaubliche Leistung und großartige Unterhaltung.»
Von den Fans wurde der kompromisslose und zuvor mehrfach kritisierte Verstappen erneut zum Fahrer des Tages gewählt – schon zum achten Mal in dieser Saison. Öfter als ein Nico Rosberg (1), ein Lewis Hamilton (1) oder ein Sebastian Vettel (2). Der Fernsehsender RTL durfte sich über die beste Quote für die Formel 1 seit drei Jahren freuen.
Im Durchschnitt verfolgten 6,83 Millionen Menschen die mehr als dreistündige Übertragung am Sonntagabend. Die WM-Entscheidung wurde vertagt, auf ihre Kosten kamen die Fans dennoch dank Verstappen. Vorne cruiste Hamilton beschwerdefrei durch den Regen vor Rosberg zum 50. Sieg für Mercedes in der Ära der Hybridmotoren. Dahinter raste Verstappen auf Rang drei – aber wie: Er machte in den letzten 17 Runden bei schwierigsten Bedingungen 14 Plätze gut.
«Das war eine der besten Fahrten, die ich in der Formel 1 gesehen habe», betonte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. «Die Gesetzmäßigkeiten wurden neu definiert», pflichtete Wolff bei. Selbst Vater Jos, der die Karriere des Sohnes vehement vorantrieb, konnte es kaum glauben: «So etwas habe ich noch nicht gesehen.»
Es ist unstrittig, dass dieser Max Verstappen alles hat, was ein künftiger Weltmeister braucht: Entschlossenheit, Härte, Talent. Auch Rosberg zollte Respekt. Als Verstappen auf der nassen Strecke seinen Wagen vor dem Einschlag in die Leitplanken gekonnt abfing, habe er nur gedacht: «Was zur Hölle macht er da», sagte der zu dem Zeitpunkt hinter Verstappen liegende Deutsche.
Der Niederländer hatte Rosberg zuvor überholt, spektakulär wie auch dessen Landsmann Vettel im Ferrari. Nur, dass vom viermaligen Weltmeister eher kritische, denn anerkennende Worte kamen. Verstappens Manöver in einer Kurve sei nicht korrekt gewesen, befand der Ferrari-Pilot. Erst im Rennen vorher in Mexiko hatte es einen heftigen Zweikampf zwischen den beiden mit anschließenden verbalen Nachschlägen gegeben.
An Verstappen perlt all das ab. Es sei ein «unglaubliches Rennen» gewesen, sagte auch er und wirkte nach dem rund 200-Minuten-Nervenakt von der eigenen Leistung berauscht. Kein Wunder, sind es doch Rennen wie diese, die den Ruf der ganz Großen der Szene prägten. Ayrton Senna wurde als Regengott verehrt, Michael Schumacher genauso.
Dass die Rennleitung in Brasilien die Verstappen-Show zweimal unterbrach, kam nicht bei allen gut an. Die Zuschauer an der Strecke machten ihrem Unmut nach der zweiten Roten Flagge Luft. Die Fahrer verstanden die Formel-1-Welt nicht mehr. «Die Strecke ist fein», funkte Hamilton an die Mercedes-Box. «Wir können jetzt definitiv fahren», meinte auch Verstappen über Boxenfunk. Den Beweis trat er später eindrücklich an.
(dpa)