Leipzig – Titelverteidiger Nico Rosberg mit 31 im freiwilligen Formel-1-Ruhestand, Bernie Ecclestone aussortiert von den neuen US-Besitzern – jetzt hofft die einmal mehr runderneuerte Motorsport-Königsklasse auf einen Kampf der Giganten.
Und das mit mehr Spektakel auf der Strecke: Die Wagen und Reifen sind breiter, sehen aggressiver aus, sind schwerer zu fahren und werden angetrieben von rund 1000 Pferdestärken. Mit weniger müssen indes die deutschen Fans zufrieden sein. Nur drei Piloten sind in diesem Jahr aus dem Autobauer-Land am Start, ein deutsches Rennen gibt es nicht.
Umso mehr ist Sebastian Vettel gefragt. Kein Sieg gelang ihm und Ferrari in der deprimierenden Vorsaison, nun läuft schon das vorerst letzte Vertragsjahr mit der einst ruhmreichen Scuderia. Und diesmal scheint die «Rote Göttin» von Vettel (29 Jahre alt) und seinem finnischen Teamkollegen Kimi Räikkönen (37) titelreif.
«Ferrari hat fantastische Arbeit abgeliefert und ich glaube, dass wir von ihnen noch mehr erwarten können», sagte Lewis Hamilton nach den Test-Bestzeiten der Scuderia. Holt der Brite seinen vierten Titel nach 2008, 2014 und 2015? Oder fährt Vettel doch seinen fünften Triumph nach 2010, 2011, 2012 und 2013 ein?
Klar ist, eine Nummer 1 ist in diesem Jahr nicht am Start. Das Recht auf die Startnummer des Weltmeisters hatte Rosberg. Der gebürtige Wiesbadener trat aber fünf Tage nach seinem WM-Coup zurück – Familie statt Formel 1. Sein Nachfolger kam von Williams, heißt Valtteri Bottas, ist Finne, 27 Jahre alt und tönte schon mal: «Ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden.»
Das sind Max Verstappen und Daniel Ricciardo von Red Bull erst recht nicht. Das niederländisch-australische Duo war schon im vergangenen Jahr die einzige Kombination, die die Silberpfeile wenigstens zweimal (in 21 Rennen) schlagen konnte.
Als Favorit indes will so recht niemand in die diesmal 20 Rennen vom Start am 26. März in Melbourne bis zum Finale exakt acht Monate später am 26. November in Abu Dhabi gelten. «Sie sind die, die es zu schlagen gilt», sagt Vettel über Mercedes. «Ich glaube, es liegt ein hartes Jahr vor uns», sagt Mercedes-Teamoberaufseher Niki Lauda.
Spätestens in Australien zeigt sich, wer wie viel bei den Testfahrten schon gezeigt oder aber geblufft hat. Dass die Autos schneller über die Kurse rasen werden, steht aber schon fest: Bei seiner besten Test-Runde auf dem Circuit de Catalunya bei Barcelona war Räikkönen mehr als drei Sekunden schneller als Hamilton bei seiner Qualifikationsbestzeit für das Spanien-Rennen im vergangenen Jahr. In Kurven holen die Autos vor allem die Zeit heraus, das Fahren fordert wieder echt Kerle. Vettel, Hamilton & Co. gefällt’s. Große Zweifel bestehen jedoch, ob auch das Überholen nun leichter wird. Das Gegenteil wird befürchtet.
Im Kampf um alte und neue Fans muss die Formel 1 aber handeln. Welchen Weg die neuen US-Besitzer einschlagen werden, ist noch nicht ganz klar, Ecclestone gibt dabei jedenfalls nicht mehr die Richtung vor. Vielen wird er fehlen im Fahrerlager, der 86-Jährige Brite, der seit vier Jahrzehnten als Geschäftsführer die Formel 1 steuerte und zum Milliarden-Geschäft machte.
Doch ist Ecclestones Ende in der Machtzentrale der Königsklasse nicht das einzig neue in dieser Saison. Zehn statt elf Teams treten an, der Manor-Rennstall ging pleite. Dessen deutscher Fahrer Pascal Wehrlein (22) kam beim Schweizer Sauber-Rennstall unter, für das Silberpfeil-Cockpit reichte es beim ehemaligen DTM-Champion und Mercedes-Nachwuchsfahrer nicht. Landsmann Nico Hülkenberg (29) hofft nun bei Renault auf Erfolg.
Bei Williams bekam Felipe Massa doch noch einmal eine Chance nach dem Weggang von Bottas, sein tränenreiches «Adeus» zum eigentlichen Karriereende beim Heimrennen in Sao Paulo dürfte also eine Wiederholung finden. Partner des 35-Jährigen bei Williams ist Lance Stroll, er könnte Massas Sohn sein. Der Kanadier ist gerade mal 18 Jahre alt, verdankt seinen Sitz vor allem den Millionen seines schwerreichen Vaters und machte sich bei den Testfahrten als Crash-Kid einen Namen. Für Diskussionsstoff außerhalb der Strecke und Zündstoff auf dem Asphalt ist also reichlich gesorgt.
(dpa)