Freiburg (dpa) – Wohnwagen müssen auf die Waage. Und werden anschließend auf Diät gesetzt. Weil viele Wohnwagen und Wohnmobile zur sommerlichen Reisezeit überladen sind, verstärkt die Polizei deutschlandweit die Kontrollen. Denn wenn Reisegefährte zu Schwergewichten werden, steigt das Unfallrisiko.
Die Polizei will gegensteuern, unter anderem mit Aktionen an den Reiserouten. Es ist die richtige Zeit dafür: Mit Baden-Württemberg und Bayern starten jetzt die letzten beiden Bundesländer in die Schulferien.
Die Fahrt in den Sommerurlaub endet für die fünfköpfige Familie auf einem Autobahnparkplatz südlich von Freiburg. Polizisten haben hier an der Autobahn 5 (Karlsruhe-Basel) Position bezogen. Und ziehen das Auto aus Dänemark samt Wohnwagen aus dem Verkehr.
Mehr als 300 Kilogramm zu viel bringt der Wohnwagen auf die Waage. Die Familie muss nun reichlich Gepäck vom Wohnwagen in das Auto umladen. Erst danach kann sie ihre Reise nach Italien fortsetzen. Der Hund der Familie, der bis dahin viel Platz im Gepäckraum des Kombis hatte, sitzt nun neben Koffern. Sie mussten raus aus dem Wohnwagen.
«Unsere Kontrollen haben präventiven Charakter. Wir wollen aufklären und sensibilisieren», sagt Bernhard Stehlin. Der 57-Jährige ist seit fast 40 Jahren Verkehrspolizist. «Unsere Erfahrung zeigt: Jeder dritte Wohnwagen ist überladen», sagt er: «Das ist gefährlich.» Denn ist das Gefährt zu schwer, verschlechtern sich Bremsweg und Fahrstabilität. Die Folge ist ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko.
Im Minutentakt rollen die Caravan-Gefährte in die Kontrolle. Es herrscht dichter Verkehr auf der A5, mehr als 23 000 Fahrzeuge rauschen hier täglich durch. «Es ist die Straße in den Urlaub», sagt Einsatzleiter Peter Veeser. Wer zu den Reisezielen im Süden möchte, muss hier vorbei. Die Polizisten winken Wohnwagen und Reisemobile von der Autobahn auf den Parkplatz. Dort haben sie mobile Wiegestationen aufgebaut. Mit ihnen können sie in Sekunden das Gewicht der Fahrzeuge überprüfen. Die Waagen sind geeicht und liefern exakte Werte. Sie sind gleichbedeutend mit einem Sachverständigengutachten.
«Es ist die schönste Zeit des Jahres. Doch nur wenige bereiten sich richtig darauf vor», sagt Verkehrspolizist Stehlin. «Wohnwagen und Reisemobile haben eine vergleichsweise geringe Zuladungsmöglichkeit. Doch viele Leute wissen das nicht.» So ist immer mehr Technik in den Fahrzeugen. Das erhöht das Gewicht. Ist zudem das Vorzelt an Bord und sind Wassertanks gefühlt, ist der Wohnwagen meist schon überladen. Gepäck ist daher tabu. Es sollte besser ins Auto geladen werden, auch wenn dann weniger Platz für die Insassen ist.
Die beiden Rucksacktouristen aus Australien, die sich in den Niederlanden ein Wohnmobil gemietet haben und mit diesem durch Europa reisen, wissen nichts von den Bestimmungen. Ihr Fahrzeug entspricht dem zulässigen Höchstgewicht, ermitteln die Polizisten. «Vielen Dank, dass Sie uns gewogen haben», sagt der junge Mann am Steuer: «Jetzt wissen wir, wie schwer wir sind und was gesetzlich erlaubt ist.»
Andere Reisende, erzählt der Polizeibeamte Veeser, steuern die Kontrollen gezielt an – um ihre Fahrzeuge wiegen zu lassen und sich zu informieren. Die Urlauber kommen aus ganz Europa. Viele Niederländer und Belgier, aber auch zahlreiche Norddeutsche. Ist das Gefährt mehr als 20 Prozent überladen, untersagen die Polizisten die Weiterfahrt. Und helfen auch mal beim Umladen.
Sind Wohnwagen oder Reisemobile zu schwer, drohen Bußgelder. Sie betragen in Deutschland 10 bis 90 Euro. Im Vergleich zu anderen Ländern, sagen die Polizisten, sei das milde. Bei mehr als 20 Prozent zu viel auf der Waage, gibt es zudem einen Punkt in der Zentralen Verkehrssünderdatei in Flensburg. Doch das trifft nur deutsche Autofahrer. Fahrer aus dem Ausland bleiben generell punktefrei.
Vernachlässigt, berichtet die Polizei, würden meist die Reifen. Sie seien durch die schwer beladenen Wagen, die langen Strecken und die sommerliche Hitze stark beansprucht. Es drohten Reifenplatzer. Reifen an Wohnwagen und Wohnmobilen sollten daher spätestens nach fünf Jahren durch neue Pneus ersetzt werden – auch wenn sie noch genügend Profil haben, rät Verkehrspolizist Holger Kruppeit.
Automobilclubs folgen dieser Einschätzung. «Wir raten, sich vor Beginn der Reise über die gesetzlichen Bestimmungen zu informieren und das Fahrzeug gründlich zu überprüfen», sagt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. Prüfstellen und Werkstätten könnten dabei helfen. «Wenn dem Fahrer erst in der Polizeikontrolle die Augen geöffnet werden, ist es eigentlich zu spät.»
(dpa)