Montréal – Lance Stroll hat in der Formel 1 schon eine eigene Tribüne. Dabei fährt der 19-Jährige erst seine zweite Saison in der Königsklasse.
Bei seinem Grand Prix in seiner Heimatstadt Montréal rasen Stroll und seine Fahrerkollegen am Wochenende auch an den Zuschauerrängen mit dem rot-weißen LS-Logo vorbei. Dabei hat der Williams-Pilot erst einen dritten Platz im vergangenen Jahr in Baku und ein paar andere respektable Ergebnisse vorzuweisen. Dennoch spannen die Organisatoren des Kanada-Grand Prix ihn als Local Hero in ihre PR-Maschine ein.
«Die Fans sind nicht ganz so verrückt wie damals zu den Äras von Gilles und Jacques Villeneuve», sagte Promoter Francois Dumontier. «Wir spüren aber, dass das Land in Lance Stroll wieder einen Formel-1-Piloten hat.» Das Wochenende auf dem Circuit Gilles Villeneuve sei wie 2017 mit 100.000 Zuschauern ausverkauft.
Stroll selbst wirkt ob der Aufmerksamkeit ein wenig schüchtern. Flotte Sprüche sind von ihm zumindest in der Öffentlichkeit nicht zu hören. Er antwortet auf Fragen bei Pressekonferenzen eher vorsichtig, fast langweilig. Die Zurückhaltung ist verständlich. Sein Einstieg in die Formel 1 wurde mit einiger Skepsis begleitet, hatten ihn doch vor allem die Millionen seines Vaters, des Mode-Milliardärs Lawrence (u.a. Tommy Hilfiger), ermöglicht.
Jacques Villeneuve, Ex-Weltmeister und Sohn von Ferrari-Legende Gilles, nannte ihn einen Bezahlfahrer und meinte das abschätzig. Dabei ist es gängige Praxis, dass ein Geldgeber einem Günstling ein Cockpit bei einem klammen Team in der Formel 1 kauft. Auch Strolls russischer Teamkollege Sergej Sirotkin ist dank der Sponsoren beim chronisch finanzschwachen Williams-Rennstall. Im Fall Stroll ist es eben der Vater, der für den Sohn zahlt.
«Geld eröffnet Möglichkeiten», gestand Stroll junior einmal. Geld kaufe aber keine Siege, fügte er selbstbewusst hinzu. Die notwendige Superlizenz für die Formel 1 habe er sich hart erarbeitet. In der Tat gewann er unter anderen den italienischen Formel-4-Titel 2014 und wurde Formel-3-Champion 2016.
Und auch in seinem Rookie-Jahr 2017 in der Formel 1 schlug er sich achtbar. In Montréal holte er mit Platz neun erstmals Punkte, im chaotischen Rennen in Baku wurde er sogar auf Platz drei gespült, mit insgesamt 40 Punkten wurde er immerhin Gesamt-Zwölfter.
In diesem Jahr ist eine Wiederholung kaum möglich. Der einstmals ruhmreiche Williams-Rennstall, für den Jacques Villeneuve 1997 den WM-Titel holte, hat kein Geld, um das Auto noch groß zu verbessern. Die Zukunft des Privatteams ist ungewiss.
Daher wirken Fragen an Geschäftsführerin Claire Williams nach einer Vertragsverlängerung für Lawrence Stroll unfreiwillig komisch. Denn ohne die kolportierten 40 Millionen Dollar von Papa Stroll wird Williams nur schwer überleben können.
Andrerseits: Sollte Williams pleite gehen, würde sein Sohn kein Cockpit mehr haben. Bei einem Spitzenteam wie Mercedes, Ferrari oder Red Bull würde er nicht unterkommen, allenfalls ein anderes finanzschwaches Team könnte bereit sein, einen Platz zu verkaufen. Die Organisatoren des Kanada-Grand Prix würde es freuen, wenn ihnen Stroll erhalten bliebe – nicht nur der Tribüne wegen.
(dpa)