Sakhir – Seine Selbstoptimierung führte Valtteri Bottas bis an den Polarkreis. In Lappland fand der Mercedes-Nachfolger von Nico Rosberg frische Entschlossenheit für den Behauptungskampf gegen den fünfmaligen Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton.
«Es ist ziemlich schwer zu erklären, was in meinem Kopf im vergangenen Winter vorgegangen ist. Es hat sich aber ganz bestimmt etwas geändert, wie ich jetzt über Dinge im Leben ganz allgemein und im Rennfahren denke», erzählte Bottas, der in Australien den Saisonauftakt gewann und voller Selbstvertrauen zum zweiten Grand Prix nach Bahrain an diesem Sonntag (17.10 Uhr/RTL und Sky) gereist ist.
In der Hoffnung auf einen Neubeginn ist Bottas nach einem schwachen zweiten Mercedes-Jahr ohne einen einzigen Sieg mit sich in Klausur gegangen. Seine gesamte Herangehensweise wurde auf Herz und Nieren geprüft. «Ich habe versucht, alles für dieses Jahr zu optimieren, jede erdenkliche Kleinigkeit zu maximieren», erläuterte Bottas.
Die Teilnahme an der eisigen «Arctic Lapland Rally», die der 29-Jährige als Fünfter beendete, war nur ein Mosaikstein. Bottas trainierte hart und entschlossen. Das machen Sebastian Vettel & Co. aber auch. Der Finne, der den nach seinem WM-Titel 2016 zurückgetretenen Rosberg als Teamkollege Hamiltons abgelöst hatte, profitierte insbesondere von der Lockerung des Gewichtslimits in dieser Saison.
«Ich musste nicht bei jeder Mahlzeit darauf achten, ob ich ein oder zwei Kalorien zuviel zu mir nehme», sagte Bottas, der nach eigener Einschätzung während seiner gesamten Formel-1-Karriere stets einige Kilo unter seinem Normalgewicht bleiben musste.
Diesmal jedoch musste er sich dem Kampf mit den Pfunden nicht so vehement stellen. «Du erholst dich besser, schläfst besser, fühlst dich besser», berichtete Bottas, der nach sechs Jahren erstmals einen Winter ohne Grippe überstand.
Um nach einer Saison zurückzuschlagen, in der Bottas durch eigene Fehler, technische Probleme und auch die auf Hamilton ausgerichtete Stallregie ausgebremst worden war, waren physische Änderungen aber nicht genug. Der Mann aus dem Süden Finnlands entdeckte das Fotografieren für sich, reiste mit seiner Frau Emilia, einer ehemaligen Olympia-Schwimmerin, durch Südamerika und genehmigte sich in seiner Heimat auch mal einen. Dann stand für Bottas, dessen äußeres Zeichen der Wandlung ein Mehrtagebart ist, fest: «Ich werde dieses Jahr jeden bezwingen.»
Dieser glühende Ehrgeiz begeisterte auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der die Karriere von Bottas schon mehr als zehn Jahre begleitet und ihn auch selber beraten hat. «Für mich ist das ein bisschen wie im Märchen», meinte der Österreicher über Bottas, der in seinem ersten Mercedes-Jahr gleich drei Grand Prix gewonnen hatte, dann aber keinen mehr. «Lass dich nicht von anderen brechen und glaube an dich.»
Bottas fiel das insbesondere in der vergangenen Saison nicht leicht, nachdem ihn Wolff in Ungarn als «Wingman» Hamiltons gelobt hatte. Übersetzt heißt das in etwa: Adjutant. Das kratzte an Bottas‘ Stolz.
Australien bezeichnete Bottas nun als das «beste Rennen» seiner Karriere. Bei einem Rückstand von mehr als 20 Sekunden konnte nicht einmal Hamilton das Tempo des früheren Williams-Piloten mitgehen. «Das wird ein großer Schub für dieses Jahr», versicherte Bottas, der auch um ein neues Cockpit für kommendes Jahr fährt.
Seine Zäsur über den Winter erinnert durchaus an seinen Vorgänger Rosberg, der sich für die Saison 2016 ebenfalls eine Frischzellenkur verschrieben hatte. Das Aufsuchen eines Zen-Meisters in Kyoto sowie das Umnähen seiner Handschuhe für ein besseres Gefühl beim Start waren nur zwei Elemente. Auf dem Weg zum WM-Triumph vor drei Jahren gewann Rosberg dann gleich die ersten vier Grand Prix. Den Anfang hat Bottas gemacht.
(dpa)