Jaguar E-Pace im Test: Wildkatze mit Spieltrieb

Berlin (dpa-infocom) – Es hat ein bisschen gedauert. Allzu lange hat Jaguar die Sache mit den SUV der Schwester Land Rover überlassen. Doch jetzt sind auch die Briten auf den Trichter gekommen, dass sich Geländewagen wie geschnitten Brot verkaufen und legen deshalb zügig nach.

Keine zwei Jahre, nachdem Jaguar mit dem F-Pace seine Offroad-Premiere hatte, bringt der Autobauer in der Klasse darunter für 34 950 Euro den E-Pace in den Handel.

Zwischen den Segmenten

Genau wie beim F-Pace hat sich Jaguar auch dieses Mal wieder bewusst zwischen die Stühle gesetzt: Mit seinen 4,40 Metern steht das Katzenkind zwischen Audi Q1 und Q3, BMW X1 und X3 oder Mercedes GLA und GLC – und nascht so aus beiden Töpfen. Das ist aber nicht die einzige Parallele zum großen Bruder.

Auch bei der Form folgen beide dem gleichen Muster – dem Sportwagen F-Type. Nur dass Jaguar sich beim E-Pace ein paar Freiheiten mehr erlaubt und nicht ganz so stark auf die Vernunft gehört hat. Schließlich sind in diesem Segment Lust und Leidenschaft noch ein bisschen wichtiger als die Liter im Kofferraum. Deshalb wirkt der E-Pace schnittiger und sportlicher als der F-Pace, hat das schärfere Heck und die erotischeren Hüften.

Beim Fahren leicht und unbeschwert

Den Unterschied merkt man vor allem beim Fahren: In der ersten Reihe wird man förmlich von den Sitzen verschluckt und fühlt sich der Straße näher als in jedem anderen SUV. Dazu die ungewöhnlich tiefe Sitzposition und ein Cockpit, das einen wie im Sportwagen förmlich umschließt – so wird der E-Pace unabhängig vom Motor zu einem Sport Utility Vehicle mit Betonung auf der ersten Silbe.

Aber so ganz ohne Utility geht es trotzdem nicht. Bei diesem Zuschnitt und einem Radstand von 2,68 Metern ist es deshalb um so überraschender, dass man selbst in der zweiten Reihe noch ganz ordentlich sitzen kann und dass der Kofferraum stolze 577 Liter fasst. Das sind über 100 Liter mehr als zum Beispiel beim neuen Volvo XC40, der in die gleiche Nische stürmt. Wem das nicht reicht, der kann die Rückbank umklappen und sogar 1569 Liter einladen.

Ernüchternder Innenraum

So begeisternd das Design und so erfrischend das Fahrgefühl, so ernüchternd ist allerdings der Blick in den Innenraum. Nicht dass Jaguar an der Wertanmutung gespart hätte, und man darf natürlich auch nicht die kämpferischen Preise vergessen. Doch gemessen an Neuheiten wie dem Land Rover Velar sieht die Kunststofflandschaft ziemlich altbacken und grobschlächtig aus – selbst wenn der Touchscreen in der Mittelkonsole riesig ist, das Head-up-Display ordentlich integriert wurde und man auf Wunsch auch digitale Instrumente bekommt.

Dass die Tristesse nicht an der mangelnden Fantasie der Designer liegt, beweisen ein paar Details, die auf die besondere Rolle des E-Pace hinweisen. Weil die Briten den Wagen als jungen Racker in der Modellpalette verstanden wissen wollen, haben sie nicht nur Jaguar-Fell auf die Etiketten am Sitz und auf manche Stoffe gedruckt, sondern auch ein ungestümes Katzenjunges verewigt: Man sieht es im Rahmen der Frontscheibe und als Projektion, wenn nachts die Spotlights in den Außenspiegeln den Fußraum vor der Tür ausleuchten.

Alter Bekannter im neuen Kleid

Während das Auto für Jaguar neu ist, geht der E-Pace für den Rest der Welt als alter Bekannter durch. Denn im Grunde ist er ein geschickt verkleideter Range Rover Evoque. Mit ihm teilt er sich die Motoren und den Allradantrieb ohne Sperren oder sonstige SUV-Spielereien. Der ist bei den starken Modellen Standard, in der Mitte gibt es ihn als Option und für das Basis-Modell wird er mit Rücksicht auf den Normverbrauch von 4,7 Litern Diesel (CO2: 127 g/km) nicht angeboten.

Zur Wahl stehen drei Diesel mit 110 kW/150 PS bis 177 kW/240 PS und zwei Benziner mit 183 kW/250 PS oder 221 kW/300 PS. Natürlich steigt dabei der Spaß mit der Leistung. Wenn man im Topmodell in 6,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und bei Vollgas Tempo 243 km/h erreicht, wird aus dem verspielten Kätzchen ein ernsthaftes Raubtier. Doch selbst mit dem 132 kW/180 PS starken Diesel aus der goldenen Mitte ist man im E-Pace gut bedient. Zumal er eine ordentliche Balance hält zwischen Vergnügen (0 auf 100 km/h in 9,9 Sekunden, 207 km/h Spitze) und Vernunft (Verbrauch 5,2 Liter, CO2: 137 g/km).

Fazit: Jagdfieber in SUV-Dschungel

Natürlich ist der E-Pace nicht das erste kompakte SUV einer Luxusmarke. Doch mit einem tollen Design, der geschickten Raumausnutzung und einer Portion Fahrspaß ist den Nachzüglern ein großer Wurf gelungen. Und weil auch der Preis passt, sieht man vielleicht sogar über das altbackene Innenleben hinweg. Man darf das niedliche Katzenbaby deshalb nicht unterschätzen. Auch das wird mal ein Raubtier. Die Jagdsaison im SUV-Dschungel ist also eröffnet.

Datenblatt: Jaguar E-Pace 2.0 D AWD

Motor und Antrieb: Vierzylinder-Common-Rail-Diesel
Hubraum: 1999 ccm
Max. Leistung: 132 kW/180 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 430 Nm bei 1750 U/min
Antrieb: Allradantrieb
Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe
Maße und Gewichte
Länge: 4395 mm
Breite: 1984 mm
Höhe: 1649 mm
Radstand: 2681 mm
Leergewicht: 1831 kg
Zuladung: 560 kg
Kofferraumvolumen: 577-1569 Liter
Fahrdaten
Höchstgeschwindigkeit: 207 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 9,9 s
Durchschnittsverbrauch: 5,2 Liter/100 km
Reichweite: 1080 km
CO2-Emission: 137 g/km
Kraftstoff: Diesel
Schadstoffklasse: EU6
Energieeffizienzklasse: A
Kosten
Basispreis des Jaguar E-Pace: 34 950 Euro
Grundpreis des Jaguar E-Pace 2.0 D AWD: 39 550 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 274 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung
Sicherheit: Sechs Airbags, Fußgängerairbag, LED-Scheinwerfer
Komfort: Adaptiver Tempomat, Klimaanlage, Navigation
Öko-Technik: Start-Stopp-Automatik

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

(dpa)

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