«Frauen können das»: Rennserie als Formel-1-Karrierehelfer

Hockenheim – Frauen am Steuer, das sorgt in der Welt des Motorsports noch immer für Diskussionen. Zum Start der neuen «W Series» im Rahmen des DTM-Auftakts in Hockenheim sind diese Debatten neu entflammt.

Die Rennserie ist nur Fahrerinnen vorbehalten und soll den besten Pilotinnen den Weg zu einer großen Karriere ebnen, vielleicht sogar in der Formel 1. «Es gibt einfach zu wenig Wettbewerbschancen für Frauen. Die W Series wird das Potenzial von vielen Rennfahrerinnen entfesseln. Und wenn sie weltweite Stars werden, wird dies Sponsoren anlocken und neue Möglichkeiten bringen», warb Serien-Chefin Catherine Bond Muir vollmundig.

Im von Männern dominierten Motorsport werden weibliche Fahrer bis heute eher als Exoten wahrgenommen. «Frauen würden in der Formel 1 sowieso nicht ernst genommen», sagte Bernie Ecclestone, der frühere Chefvermarkter der Königsklasse, noch vor drei Jahren. Grid Girl, Boxenluder, hübsche Gespielin der verwegenen Steuerkünstler mit Testosteron-Überschuss – auf diese Rollen wurden Frauen im Vollgas-Gewerbe lange Zeit reduziert.

Die W Series soll helfen, das Frauenbild im Motorsport zu entstauben. «Im Motorsport geht es nicht um die Maximalkraft. Es ist nicht wie im Sprint, wo man umso schneller ist, je stärker man ist», sagte Titel-Mitfavoritin Jamie Chadwick dem britischen «Telegraph». Die 20 Jahre alte Engländerin, die als erste Fahrerin die nationale GT-Meisterschaft gewann, versicherte: «Frauen können das. Es wird einiges brauchen, aber Frauen und Männer können miteinander auf dem höchsten Niveau Rennen bestreiten.»

Bisher hat es nur eine Frau in den mehr als 1000 Formel-1-Rennen in die Punkteränge geschafft. Die Italienerin Lella Lombardi ergatterte 1975 bei einem abgebrochenen Grand Prix als Sechste einen halben Zähler. Erste Rennfahrerin in der Königsklasse war Maria Teresia de Filippis, die sich für drei Rennen qualifizierte. Andere wie zuletzt die Britin Susie Wolff, Ehefrau des Mercedes-Teamchefs Toto Wolff, kamen der Formel 1 nahe, starteten aber nie in einem Grand Prix.

«Die Geschichte des Motorsports hat gezeigt, dass viele Frauen nicht so weit kommen, weil sie nicht genügend finanzielle Hilfe erhalten und nur wenige Familien daran glauben, dass sie eine Profikarriere schaffen», sagte der frühere Formel-1-Pilot David Coulthard. Der Schotte ist neben Red-Bull-Stardesigner Adrian Newey, dem Ex-Fahrer Alexander Wurz und dem früheren McLaren-Sportchef Dave Ryan einer der Aufbauhelfer für die W Series.

Aus mehr als 50 Bewerberinnen wählte eine Fachjury 18 Pilotinnen für das Premierenjahr aus. Nicht allein Fahrtalent war entscheidend, auch technisches Verständnis und öffentliches Auftreten spielte bei der Vergabe der Startplätze eine Rolle. Insgesamt sechs Saisonläufe sind geplant. Nach Hockenheim heißen die weiteren Stationen Zolder, Misano, Norisring, Assen und Brands Hatch. Die Gesamtsiegerin erhält rund 440.000 Euro Preisgeld. Alle Kosten für die Teilnahme werden übernommen. Gefahren wird in Einheitsautos mit Formel-3-Standard.

Die Fahrerinnen kommen aus 13 Nationen, unter deutscher Flagge ist die in Südafrika aufgewachsene Naomi Schiff (24) dabei. Die Münchnerin Sophia Flörsch dagegen verzichtete. «Das ist für mich der falsche Weg», sagte die 18-Jährige der «Auto Bild». Die Formel-3-Fahrerin lehnt das Konzept der Rennserie ab. «Das heißt ja eigentlich, dass sie nicht dran glauben, dass wir gegen Männer bestehen können. Deswegen will ich da nicht fahren», sagte Flörsch.

Andere wie IndyCar-Pilotin Pippa Mann oder die frühere DTM-Fahrerin Ellen Lohr argumentierten zuletzt ähnlich. Die Macher der W Series halten dagegen, dass die Teilnehmerinnen die Chance auf hochkarätigen Motorsport mit Live-Übertragungen im Fernsehen bekommen, die ihnen sonst wohl vorenthalten bliebe. Nach dem Ende des Debütjahres sollen die besten Fahrerinnen weiter gefördert werden. Mit-Organisator Coulthard beteuerte: «Das soll hier keine Sackgasse sein.»


(dpa)

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