Wolfsburg – Wenn die Großstadt-Yuppies vom Evoque Cabrio von Range Rover schwärmen, kann Friedhelm Jakobs nur lachen. Denn der Mittfünfziger aus Bad Neuenahr-Ahrweiler braucht keinen neumodischen Geländewagen, um sich oben ohne durch die Natur zu bewegen.
Er zählt zu den rund 4000 Oldtimer-Liebhabern, die in Deutschland noch einen VW Kübelwagen zugelassen haben. Er fährt mit dem Typ 181 eines der ersten Offroad-Cabrios der Republik. Das wurde 1969 als «geländegängiger Mehrzweckwagen für den militärischen und zivilen Gebrauch» präsentiert und ab 8500 D-Mark verkauft. VW hat damit nicht nur die Idee des luftigen Evoque vorweg genommen. Sondern vor allem die Blaupause für die offene SUV-Studie T-Cross Breeze im Polo-Format geliefert, die VW im Frühjahr auf dem Genfer Salon zeigte.
Zwar wusste in den späten 60er Jahren noch kaum jemand in Deutschland, wie man Lifestyle oder Crossover überhaupt schreibt. Doch VW hatte schon damals nicht zur Soldaten und Katastrophenhelfer im Sinn, als sie einen Nachfolger für den DKW Munga entwickelten. Zwar war die Bundeswehr der erste und wichtigste Kunde für den kantigen Klassiker mit der markanten Wellblechkarosserie. Doch die Anzeigen unter dem Slogan «Ein Auto für Männer, die durchkommen müssen», zeigten den Kübelwagen in einem feurigen Rot an einem Badestrand und nicht in Nato-Oliv in der Lüneburger Heide.
Zumindest die Amerikaner haben das offenbar auf Anhieb verstanden. Denn jenseits des Atlantiks wurde er sofort als Lifestyle-Auto akzeptiert. «The Thing» haben ihn die Kalifornier getauft und «das Ding» als legitimen Erben der berühmten Dünen-Buggys lieben gelernt, schreibt die VW Klassik-Sparte in Wolfsburg in einer Modell-Chronik. Hierzulande haftete dem Kübel stets der Geruch von Uniform oder Blaulicht an. Männer wie Jakobs haben ihn erst spät als Freizeitauto für sonnige Touren durch die Weinberge an der Ahr entdeckt.
Kein Wunder, dass der Liebling von Surfern und Hippies nicht nur in Wolfsburg, Hannover und zum Schluss in Emden, sondern auch in Amerika montiert wurde. Und als VW in Deutschland 1978 die Bänder gestoppt hat, krabbelte der Kübel in Mexiko noch zwei Jahre länger aus der Fabrik. So kam er nach Angaben des Herstellers auf eine Gesamtstückzahl von 140 768 Einheiten in etwas mehr als zehn Jahren.
Die technische Basis lieferte wie fast bei jedem VW dieser Zeit der Käfer. Auch wenn die Bundeswehr wider Erwarten keinen Allrad verlangte, hat VW den Wagen mit der Plattform des Karman Ghia und dem Antrieb des Käfers mit für schlechte Wege gerüstet: Ein Radvorgelege an der Hinterachse erhöhte die Bodenfreiheit und die Übersetzung und Trommelbremsen sorgten für festen Stand.
Als eines der ganz wenigen Cabrios hat der Kübel vier Türen. Die Frontscheibe lässt sich umklappen. Und wenn man mal etwas mehr transportieren möchte, wird die stählerne Lehne der umgeklappten Rückbank zur Ladefläche. «Nur geschlossen möchte man den Kübel kaum fahren», sagt Jakobs. Oder zumindest möchte man ihn nicht zumachen. «Denn bis man bei einem Regenschauer das PVC-Verdeck in alter Pfadfindermanier aufgespannt hat, ist man ohnehin längst durchgeweicht», sagt der Experte, der dieses Gefriemel noch nie in weniger als einer Viertelstunde geschafft hat.
Die Nähe zum Käfer mag zwar ein wenig die Fahrfreude schmälern. Denn so charmant der 1,5 Liter große Boxermotor im Heck des Kübelwagens pöttert, so mäßig sind die Fahrleistungen: 32 kW/44 PS und 100 Nm, das reichte schon damals nur für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in etwa 30 Sekunden und ein Spitzentempo von 120 km/h. Und wenn Jakobs seinen rüstigen Rentner heute aus der Garage holt, dann wagt er sich kaum in dreistellige Geschwindigkeitsbereiche. Dass seine Fernfahrten, die ihn schon bis in die Schweiz geführt haben, dann ein bisschen länger dauern, nimmt er gerne in Kauf.
Bei Preisen zwischen 5000 und 10 000 Euro ist der Kübel die billigere Alternative zum Käfer Cabrio. «Der Kübel ist das Billig-Cabrio schlechthin», urteilt auch der Kübel-Klub Deutschland in Essen, selbst wenn viele Exemplare deutliche Kampfspuren ihrer Bundeswehrzeit trügen. Jakobs lässt sich davon nicht stören und steht auch zum Nato-Oliv seines Oldtimers: «Viel günstiger bekommt man bei VW einfach keinen Platz an der Sonne. Erst recht nicht mit dem wunderbaren Boxer-Sound.» Und wenn einmal etwas kaputt geht, gibt es bei den Millionenstückzahlen des Käfers mehr als genügend Ersatz.
(dpa/tmn)