Barcelona – Fernando Alonso ist derzeit ein Pendler zwischen zwei Motorsport-Sphären: hier die Formel 1, dort IndyCar, hier Held vergangener Tage, dort Lehrling, hier Frust im McLaren-Team, dort Lust auf Sieg und Ruhm.
Seit der 35-Jährige vor dem Großen Preis von Bahrain im April verkündete, in diesem Jahr bei den legendären Indy500 zu starten, fliegt der Spanier zwischen der Formel-1-Welt und den USA hin und her. Auch unmittelbar nach seinem Heim-Grand Prix am Sonntag (14.00 Uhr) in Barcelona setzt sich der zweimalige Formel-1-Weltmeister in das Flugzeug, um nach Indianapolis zu fliegen zum ersten Freien Training für den Klassiker am 28. Mai in dem Oval des Indianapolis Motor Speedway. Für den motorsportlichen Seitensprung lässt er sogar den zeitgleichen Großen Preis von Monaco aus.
Die ersten Runden auf dem US-Kurs hatte Alonso am Mittwoch vergangener Woche nach dem Grand Prix in Sotschi drehen müssen, um überhaupt die Zulassung für den Start zu bekommen. «Es hat Spaß gemacht. Aber so richtig zuhause fühle ich mich noch nicht im Cockpit», sagte er über seine ersten Eindrücke.
Dass sein Team McLaren-Honda ihm den Ausflug zu den IndyCars ermöglicht und im PR-trächtigsten Rennen der Formel-1-Saison in Monte Carlo auf ihn verzichtet, sagt einiges zum Binnenverhältnis aus. Die Diva soll bei Laune gehalten werden und endlich mal wieder um einen Sieg mitfahren dürfen.
McLaren-Honda ermöglicht ihm den Start mit dem Andretti-Team, das im vergangenen Jahr durch Alexander Rossi die Indy500 gewann. «Ich erwarte, dass er um den Sieg fahren kann», meinte McLaren-Chef Zak Brown.
Davon sind Alonso und McLaren in der Formel 1 weit entfernt: Statt in diesem Jahr nach zwei Saisons Aufbauarbeit endlich an der Spitze mit zu kämpfen, fährt Alonso weiterhin nur hinterher – wenn er überhaupt fahren kann. In keinem der bisherigen vier Saisonrennen sah der Asturier die Zielflagge, im letzten Grand Prix in Sotschi vor zwei Wochen kam er gar nicht erst bis zum Start. Nach der Einführungsrunde musste er sein Auto stehen lassen.
Längst wurde spekuliert, wie lang sich Alonso dies antun will. Sogar ein Ausstieg noch während dieser Saison wurde gehandelt. «Das Team arbeitet hart daran, die Situation zu verbessern. Da kann ich nicht einfach verschwinden», widersprach aber stets der Spanier, dessen Vertrag Ende dieser Saison ausläuft.
Alonso gilt noch immer als einer der schnellsten Formel-1-Piloten. Mercedes dachte nicht ohne Grund über ihn als Nachfolger für den zurückgetretenen Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg nach. Sein letzter Grand-Prix-Sieg liegt aber bereits vier Jahre zurück. Damals gewann er in seiner Heimat in Barcelona. «Ich denke, dass er weiterhin einer der besten Fahrer ist. Schnelligkeit, Aggressivität – darin ist er der Beste», sagte Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda im spanischen TV-Sender Movistar.
Doch dass Alonso noch einmal eine Chance bei den führenden Rennställen wie Mercedes, Ferrari oder Red Bull bekommt, daran will der Österreicher auch nicht glauben. So muss Alonso seinen Ehrgeiz woanders befriedigen. Er spekuliert auf die «Triple Crown»: Siege in Monte Carlo, bei den Indy500 und den 24 Stunden von Le Mans. Bislang gelang das nur Graham Hill.
Alonsos Seitensprung hat auch schon die ersten Opfer gefordert. Gleich bei seinen ersten Runden in seinem neuen Gefährt in Indianapolis überfuhr er zwei Tauben.
(dpa)