Valencia – Die Vergangenheit glanzvoll, die Gegenwart trübe und die Zukunft düster: Die deutschen Motorrad-Piloten und -Teams spielten auch in der gerade abgelaufenen WM-Saison allenfalls eine Nebenrolle – im kommenden Jahr werden sie nicht einmal mehr diesen Part übernehmen.
In Marcel Schrötter wird nur noch ein deutscher Starter in den drei Klassen übrig bleiben. Denn das Finale in der spanischen Hafenstadt war für seine Moto2-Kollegen Philipp Öttl und Lukas Tulovic sowie dessen Kiefer-Team zugleich die Abschiedsvorstellung.
«Es ist eine Katastrophe», beschreibt Ex-Weltmeister Sandro Cortese die Situation. Der Berkheimer war 2012 bislang der letzte Deutsche, der Weltmeister geworden war. Damals in der Moto3. Ausgerechnet in dieser kleinsten WM-Klasse fehlte in der Saison 2019 ein deutscher Teilnehmer. Dabei war sie jahrelang die Paradedisziplin der deutschen Piloten. Fahrer wie Dieter Braun, Dirk Raudies und Cortese holten WM-Titel für Deutschland.
Laut Cortese tragen vor allem die Verbände die Schuld am ausbleibenden Nachwuchs. «Man hat in vielen Belangen versagt», meinte der 29-Jährige. Man hole die Talente nicht im Alter von 13 oder 14 Jahren. «In dem Alter steigen die jungen Fahrer in Spanien, Italien, England und Asien in die Junioren-WM auf.» Es fehle in Deutschland ein richtiges Fundament.
Die Infrastruktur stellt seiner Meinung nach kein Problem dar. «Wir haben genügend gute Strecken für eine schöne Meisterschaft, auch im kleineren Bereich. Wir haben viele Go-Kart-Strecken, auf denen man anfangen kann.»
Cortese wanderte bereits nach der Saison 2017 in die seriennahe Supersport-WM ab. Dieses Schicksal steht jetzt auch Philipp Öttl bevor, dem bisher letzten deutschen Grand-Prix-Sieger. Öttl erlebte eine enttäuschende Debütsaison in der Moto2. Der 23-Jährige aus dem bayerischen Bad Reichenhall fuhr nicht einen Zähler ein. Auch für Lukas Tulovic ist das WM-Kapitel vorerst beendet. Der 19-Jährige aus dem Rhein-Neckar-Kreis debütierte in der abgelaufenen Saison in der Moto2 und schaffte es nur in Assen als 13. in die Punkte.
Mit Tulovic verlässt auch sein Kiefer-Team nach 17 Jahren die Motorrad-WM. Im Sommer wurde bekannt, dass Teamchef Jochen Kiefer seinen Startplatz für 2020 verlieren wird. Zwei Mal gelang es der Mannschaft aus Bad Kreuznach, die Weltmeisterschaft zu gewinnen: In der Saison 2011 triumphierte Stefan Bradl in der Moto2, vier Jahre später holte der Brite Danny Kent für das Kiefer-Team den Titel in der Moto3.
Einziger Lichtblick in der vergangenen Saison war aus deutscher Sicht Marcel Schrötter aus dem bayerischen Landsberg. In der ersten Hälfte fuhr er dreimal auf das Podest fuhr. Doch im zweiten Abschnitt lief auch bei dem 26-Jährigen nicht mehr viel.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist der neue Northern-Talent-Cup. Dieser soll jungen Talenten aus Mittel- und Nordeuropa dabei helfen, Fuß zu fassen. Gefahren wird mit Einheitsmaschinen, um die Kosten niedrig zu halten. Die Serie wird auch vom ADAC unterstützt. «Es ist nötig, dass in unserer Region mehr für den talentierten Motorradnachwuchs getan wird, damit wir ihn später in den Grand-Prix-Sport bringen können», sagte ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk. Am Wochenende startete die Anmeldung für die Nachwuchsserie.
(dpa)