Neue Supersportwagen jagen auf die linke Spur

Affalterbach – Wenn Tobias Moers von Sportwagen spricht, kommt der Chef des Mercedes-Ablegers AMG beim Sortieren bisweilen ein bisschen in Nöte. Denn schon seine C- oder E-Klassen sind so kräftig und schnell wie die Modelle von Porsche und gehen deshalb gut und gerne als Sportwagen durch.

Den AMG GT mit seinen 430 kW/585 PS und 318 km/h Spitzengeschwindigkeit führt Moers folgerichtig als Supersportwagen – und hat für sein neuestes Projekt plötzlich so recht keine Worte mehr. Denn das, was AMG da gerade als Geschenk zum 50. Geburtstag für sich und seine besten Kunden zur Premiere auf der
IAA im September vorbereitet, soll nichts weniger werden als ein Formel-1-Auto mit Straßenzulassung, stellt Moers in Aussicht und versucht es angesichts von mehr als 735 kW/1000 PS und vermutlich über 360 km/h mit «Hypercar».

Diese Bezeichnung passt noch aus einem weiteren Grund zu dem von einem Hybrid-Modul aus einem nur 1,6 Liter großen V6-Benziner und vier E-Motoren angetriebenen Coupé. Denn bei einem kolportierten Preis von knapp drei Millionen Euro werden auch die reichsten Raser erst einmal zu hyperventilieren beginnen.

AMG bewegt sich aber nicht allein in solchen Sphären. Bereits vor rund fünf Jahren hatten Autos wie der Porsche 918 Spyder, der McLaren P1 und der La Ferrari den Begriff Supersportwagen bereits weiter gedehnt. Und Bugatti beweist mit dem circa 2,86 Millionen Euro teuren Chiron nun schon zum zweiten Mal nach dem Veyron, dass man erfolgreich ein Auto für weit mehr als eine Million Euro verkaufen kann. Nun sind auch andere Hersteller auf den Geschmack gekommen.

So will McLaren mit einem weiteren Hypercar an die Erfolge des P1 anknüpfen und arbeitet unter dem Code P23 an einem neuen Tiefflieger, der nach Angaben von Pressesprecher Wayne Bruce 2019 für 1,6 Millionen Pfund plus Steuer in den Handel kommen soll.

Anders als der P1 will er aber nicht nur ein Rennwagen, sondern auch ein Reiseauto sein und das mit seinem ungewöhnlichen Layout unterstreichen. Denn als einziges Serienauto bietet der P23 drei Plätze, von denen der mittlere dem Fahrer vorbehalten bleibt – und erinnert damit an den legendären F1 aus den 1990er Jahren, mit dem das Wettrüsten auf der Überholspur begonnen hatte.

Dritter im Bunde der neuen Tiefflieger ist Aston Martin. Und auch die Briten versprechen für diese Valkyrie genannte Hightech-Flunder wie AMG einen Technologietransfer aus der Formel 1. Nicht umsonst haben sie sich mit dem Rennstall Red Bull und dem F1-Konstrukteur Adrian Newey zusammengetan.

Aus seiner Feder stammt ein Coupé, das aussieht wie ein Raumschiff auf Rädern und angetrieben wird von einem 6,5 Liter großen V12-Motor mit elektrischer Unterstützung wie in der Formel 1. Das soll eine Leistung von mehr als 735 kW /1000 PS und Geschwindigkeiten ermöglichen, wie sie beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans erreicht werden. Ebenso atemberaubend wie Design und Technik ist aber auch der Preis: «Rund drei Millionen», heißt es beim Hersteller und da macht es kaum mehr einen Unterschied, ob von Pfund, Euro oder Dollar gesprochen wird.

Glaubt man aktuellen Branchengerüchten, wird es dabei wohl nicht bleiben. Wenn McLaren vorlegt, sind Porsche und Ferrari wahrscheinlich nicht weit, und selbst von Audi hört man immer mal wieder, dass es Pläne für einen Spitzensportler gibt, der den R8 überflügeln soll.

Zwar glauben Experten wie der Automobilwirtschaftler Stefan Bratzel von der Hochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach kaum daran, dass man mit solch ebenso exklusiven wie extremen Exoten tatsächlich einen nennenswerten Gewinn machen kann. In seinen Augen könnten die Hersteller schon froh sein, wenn sie dabei nicht draufzahlen. Und ob es tatsächlich viel Technologie gibt, die sich aus einem Project One, einem P23 oder einem Valkyrie direkt in die Großserie übertragen lässt, darf man bezweifeln.

Doch für das Image der Sportwagenhersteller sind solche Renner unbezahlbar: «Wir gewinnen unser Selbstvertrauen zurück. Und wie könnten wir das besser beweisen als mit einem Auto wie dem Valkyrie», sagt Aston-Martin-Chef Andy Palmer. Das wirtschaftliche Risiko solcher Renner lässt sich zumindest gut kalkulieren. Denn alle drei neuen Spitzensportler sind streng limitiert. Und noch bevor die erste Karbonfaser gebacken wird, waren die 275 Project One, 106 P23 und 150 Valkyrie nach Angaben der Hersteller bereits verkauft.


(dpa/tmn)

(dpa)

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