Barcelona – Mit seiner neuen Formel-1-Heimat fremdelt Nico Hülkenberg noch etwas. «Es ist ein anderes Zuhause im neuen Cockpit, das war zuerst seltsam, da muss man sich erst akklimatisieren», sagt der Rheinländer, der vor seiner siebten Saison in der Königsklasse zu Renault gewechselt ist.
Wie Landsmann Pascal Wehrlein, der künftig für das Schweizer Sauber-Team fährt, erhofft sich Hülkenberg von dem Neubeginn einen Karriereschub. «Es war stets ein Traum, für ein Werksteam zu fahren», versichert der 29-Jährige.
Anders als Kollege Wehrlein, den eine Rückenblessur noch zum Zuschauen zwingt, kann sich Hülkenberg in diesen Tagen schon bei den Testfahrten in Barcelona mit seinem neuen Dienstwagen vertraut machen. «Es ist, wie ein Baby zu sein, und die ersten Schritte zu machen», beschreibt Hülkenberg die ersten Kilometer in dem völlig neu konzipierten Boliden.
Auf dem beschwerlichen Weg zurück in die Spitze sieht das einstige Weltmeister-Team Renault in dem Deutschen den geeigneten Beschleuniger. «Er ist hochtalentiert, entschlossen und motiviert», sagt Renault-Motorsportchef Jerome Stoll. Williams, Force India, Sauber und wieder Force India – das waren Hülkenbergs bisherige Stationen in der Formel 1. Immer solides Mittelfeld, aber in 115 Grand Prix nie auf dem Podium. Auch deshalb wagt Hülkenberg noch einmal einen Neuanfang.
Hart wie nie trainierte der Emmericher in der Winterpause, quälte sich in einem Fitnesscamp in der Dominikanischen Republik. Bis zum Saisonstart Ende März in Melbourne soll auch die Kennenlernphase in der Garage abgeschlossen sein, dafür paukt Hülkenberg derzeit vor dem Einschlafen noch die Namen der Teammitglieder. «Ich habe so eine Liste, die studiere ich jeden Abend», verrät er.
Auch Sauber-Neuverpflichtung Wehrlein gibt in Barcelona den Musterschüler und berichtet von wöchentlichen Studienreisen in die Rennfabrik in Hinwil. «Sauber hat mächtig Potenzial, mittelfristig wieder richtig gut zu werden. Das ist natürlich das Ziel», sagt der 22-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Nach einem Lehrjahr beim inzwischen insolventen Manor-Rennstall will Wehrlein sich bei den Schweizern für höhere Aufgaben empfehlen.
Im Winter war die Hoffnung des Mercedes-Schützlings auf den Aufstieg in den Silberpfeil des zurückgetretenen Champions Nico Rosberg geplatzt, weil ihm der Weltmeister-Rennstall die Aufgabe an der Seite von Lewis Hamilton noch nicht zutraute. «Ich habe mich damit nicht groß beschäftigt. Das sind Sachen, die man selbst nicht beeinflussen kann», sagt Wehrlein. «Jetzt habe ich die Chance bei Sauber bekommen und versuche, das Beste in dieser Saison daraus zu machen.»
Da passt es dem Worndorfer gar nicht, dass er wegen der Folgen seines Unfalls beim «Race of Champions» zumindest die ersten Testtage verpasst. «Hier zusehen zu müssen, wie die richtig cool aussehenden Autos fahren, schmerzt mehr als mich mein Rücken in den letzten Wochen geschmerzt hat», sagt Wehrlein.
Die fehlenden Testkilometer in den neuen Autos, die nach einer Regelreform schwerer beherrschbar sein sollen als ihre Vorgänger, könnten für Wehrlein zum Handicap werden. Doch der DTM-Champion von 2015 schiebt die negativen Gedanken beiseite und beteuert: «Wenn die ersten Rennen vorbei sind, denkt niemand mehr darüber nach.»
(dpa)