Barcelona – Rennfahrer Pascal Wehrlein ist bei den ersten Testfahrten der Formel 1 vor der neuen Saison zum Zuschauen verdammt. Wegen einer Verletzung, die er sich im Januar beim «Race of Champions» zuzog, darf der 22-Jährige in Barcelona nicht ins Auto steigen.
«Hier zusehen zu müssen, wie die richtig cool aussehenden Autos fahren, schmerzt mehr als mich mein Rücken in den letzten Wochen geschmerzt hat», sagt Wehrlein im Interview der Deutschen Presse-Agentur auf dem Circuit de Catalunya.
Wie geht es Ihrem verletzten Nacken?
Pascal Wehrlein: Mir geht es gut soweit. Ich habe auch keine Schmerzen im Moment, dem Rücken geht es gut. Es wurde einfach von den Ärzten entschieden, dass ich den Test nicht fahren sollte. Ich werde Ende dieser Woche nochmal einen Check haben, da wird dann entschieden, ob ich nächste Woche fahren darf oder nicht.
Wie groß wäre denn das Risiko bei einem Einsatz gewesen?
Wehrlein: Die Schmerzen hätten wieder kommen können. Der Rücken ist immer eine Frage für sich. Ich sollte ja noch einige Jährchen leben, und dann ständig mit Rückenproblemen zu kämpfen, wäre auch nicht die Lösung.
Wie groß ist der Ärger, wegen eines Unfalls bei einem Spaßrennen nun den wichtigen Testauftakt zu verpassen?
Wehrlein: Es spielt eigentlich keine Rolle, wo man sich die Verletzung zugezogen hat. Das Ärgerliche ist einfach, dass ich nicht fahren kann diese Woche. Ich habe mich schon beim «Race of Champions» mächtig geärgert, dass ich am Sonntag nicht mehr zusammen mit Sebastian (Vettel) fahren konnte. Hier zusehen zu müssen, wie die richtig cool aussehenden Autos fahren, schmerzt mehr als mich mein Rücken in den letzten Wochen geschmerzt hat.
Was verpassen Sie denn bei den Tests konkret?
Wehrlein: Rein rechnerisch hat jeder Fahrer vor dem ersten Rennen vier Testtage im Auto, davon fehlen mir jetzt schon zwei. Das heißt, die Hälfte der Vorbereitung habe ich schon verpasst. Das hilft nicht, ein neues Auto kennenzulernen. Gerade jetzt mit den Regeländerungen werden sich die Autos anders verhalten. Wir haben breitere Reifen, somit werden sich auch die Reifen anders verhalten. Nach drei Monaten Winterpause braucht man ein bisschen Zeit im Auto, um sich wieder an die Geschwindigkeit zu gewöhnen. Gerade für mich im neuen Team ist es natürlich wichtig, so viele Kilometer zu sammeln wie möglich.
Können Sie diesen Rückstand wieder aufholen?
Wehrlein: Wenn die ersten Rennen vorbei sind, denkt niemand mehr darüber nach. Ich denke im Moment auch nicht daran, ob ich bei meinem ersten Rennen perfekt vorbereitet bin. Ich freue mich einfach darauf, dass ich wieder im Auto sitzen kann und das machen kann, was mir am meisten Spaß macht.
Wie sieht denn Ihre Saisonvorbereitung derzeit aus?
Wehrlein: Ich kann jedes Training machen, außer das, was dem Rücken schaden könnte. Ich bin voll im Training. In dieser Woche hier schaue ich mir alles an, was Marcus (Ericsson) mit dem Auto macht, das Feedback von den Ingenieuren. Ich nehme jede Information mit, so dass ich perfekt vorbereitet bin, sobald ich ins Auto steigen kann.
Wie hat sich mit den neuen Autos das Training verändert?
Wehrlein: Einfach mehr Training, härteres Training. Ich bin ehrlich: Als ich noch DTM gefahren bin, habe ich nicht so viel und so hart trainiert, bin einfach nur gefahren. Doch Fitnesswochen gab es da. So regelmäßig wie jetzt trainiere ich erst, seit ich in der Formel 1 bin. Jetzt war es meine zweite Wintervorbereitung in der Formel 1. Und wenn ich vergleiche, was ich diesen und letzten Winter gemacht habe, ist das ein Riesenunterschied. Deswegen freue ich mich auch und bin gespannt, was passiert, wenn ich wieder im Auto sitze.
Braucht es mehr Muskeln, weil die Autos jetzt schwerer beherrschbar sein sollen?
Wehrlein: Da gibt es verschiedene Theorien. Muskelmasse hilft natürlich. Aber wir müssen eine Renndistanz über eineinhalb, zwei Stunden aushalten und nicht ein-, zweimal Gewichte heben. Wir brauchen einfach viel Kraft-Ausdauer. Ich habe vier bis fünf Kilo zugelegt, das genügt mir völlig.
Wie ist bisher Ihr Eindruck von Ihrem neuen Arbeitgeber?
Wehrlein: Ich bin super angekommen, habe seit Januar jede Woche ein, zwei Tage in der Fabrik verbracht. Die Fabrik ist sehr gut, der Windkanal richtig gut. Sauber hat mächtig Potenzial, mittelfristig wieder richtig gut zu werden. Das ist natürlich das Ziel.
Wie sehen Sie nach ihrem Debütjahr bei Manor nun die Aufgabe bei Sauber?
Wehrlein: Auf jeden Fall nicht als Lehrjahr. Ich will das Maximale aus dieser Saison herausholen, fehlerfrei bleiben, so viele Punkte wie möglich holen. In der ersten Saison sind Fehler noch erlaubt und verzeihlich, auch wenn ich letztes Jahr nicht viele gemacht habe. Im zweiten Jahr ist es wichtig, dass man sich im Vergleich zum Vorjahr steigert und mit dem Team einen Schritt nach vorn macht.
Im Winter sah es so aus, als könnten Sie sogar die Nachfolge von Nico Rosberg bei Mercedes antreten. Ist das für Sie noch ein Thema?
Wehrlein: Ich habe mich damit nicht groß beschäftigt. Das sind Sachen, die man selbst nicht beeinflussen kann. Da wartet man auf Entscheidungen, die für oder gegen einen getroffen werden. Jetzt habe ich die Chance bei Sauber bekommen und versuche, das Beste in dieser Saison daraus zu machen. Da denke ich auch nicht an das Mercedes-Cockpit für nächste Saison, weil man sich nur damit beschäftigen sollte, was man selbst in der Hand hat. Das einzige, was ich machen kann, ist, eine gute Leistung zu zeigen.
Zur Person: Der 22 Jahre alte Pascal Wehrlein gewann 2015 als bis dahin jüngster Fahrer den Titel im Deutschen Tourenwagen Masters. Danach wechselte der Mercedes-Schützling aus Worndorf in die Formel 1 zu Manor. Künftig startet Wehrlein für das Schweizer Sauber-Team.
(dpa)