Spa-Francorchamps – Er ist einer der engsten Wegbegleiter von Michael Schumacher. Ein Freund. Jean Todt machte Ferrari zusammen mit Schumacher zum Seriensieger in der Formel 1. Eine Zeit voller Arbeit, die mit Erfolgen belohnt wurde. Als Schumacher 1991 in Spa-Francorchamps sein Formel-1-Debüt gab, war Todt noch nicht in der Königsklasse des Motorsports. Er kannte Schumacher aber schon. In einem dpa-Interview spricht der Franzose, der seit sieben Jahren Präsident des Internationalen Automobilverbandes (FIA) ist, auch über seine erste Begegnung mit dem späteren Formel-1-Rekordweltmeister, dessen Einstellung und Erfolgsrezept.
An was erinnern Sie sich am ehesten, wenn Sie an den 25. August 1991 mit Michael Schumachers Debüt in Spa-Francorchamps denken?
Jean Todt: Der Kurs Spa-Francorchamps hat einen legendären und historischen Status im Motorsport. Schon als Kind habe ich von diesen unglaublichen Kurven wie der Eau Rouge und Stavelot geträumt. Die Letztere ist nicht mehr Teil der Strecke, damals war die Strecke zweimal so lang wie jetzt. Dann ist da noch das völlig unberechenbare Wetter. Es kann auf einem Teil der Strecke regnen, während auf einem anderen die Sonne scheint.
Spa ist eine Rennstrecke, wo das Talent eines Fahrers wirklich einen Unterschied macht. Daher ist es logisch, dass Michael dort besonders hervorragend war. Es war für ihn auch eine besondere Veranstaltung. Er hat dort sein Debüt in der Formel 1 gehabt, hat dort 1992 sein erstes Formel-1-Rennen gewonnen und 2004 seinen siebten und letzten Weltmeistertitel geholt. Außerdem hat er dort 2012 seinen 300. Start bei einem Grand Prix gefeiert. Spa war Kulisse für fünf Siege, einige emotionale Momente, einige Enttäuschungen, aber vor allem war es hier, wo Michael das genossen hat, was er am Besten konnte – ein Rennauto zu fahren. Es ist der beste Ort dafür, das zu tun.
Sie haben ihn in der Sportwagen-Weltmeisterschaft fahren sehen, bevor er in der Formel 1 begonnen hat. Haben Sie damit gerechnet, dass er der erfolgreichste Fahrer wird?
Todt:Als ich bei Peugeot war, fuhr Michael den Sauber mit Mercedes-Antrieb und war definitiv der Stärkste von unseren Konkurrenten. Ich erinnere mich, das erste Mal, dass ich mich mit ihm unterhalten habe, war in Japan im Oktober 1991. Wir waren beide am Flughafen nach dem Rennen von Autopolis, das Michael – und sein Partner (Karl) Wendlinger – gewonnen hatten: Ich habe ihm gratuliert, er war wirklich gut gefahren.
Zu dieser Zeit hatte er schon begonnen, Formel-1-Rennen zu fahren. Obwohl es damals unmöglich war, zu wissen, dass er zum erfolgreichsten Fahrer in der Geschichte dieses Sports werden würde, konnte man darauf wetten, dass er ein wichtiger Akteur werden würde.
Was hat Michael so besonders gemacht – auf der Strecke und auch abseits davon?
Todt:Michael war auf der Strecke immer außerordentlich professionell. Obwohl er schon früh berühmt und erfolgreich war, blieb er immer bescheiden. Ich erinnere mich, dass er immer Angst davor hatte zu versagen. Das gab ihm diesen Extra-Antrieb, und das hat den Unterschied ausgemacht. Er hatte angeborene Führungseigenschaften und wusste, wie er die Teams, mit denen er arbeitete, mitziehen konnte.
Abseits der Rennstrecke gab es viele Dinge, die Michael zu etwas Besonderem machten – als Mann, als Ehemann und als Vater. Es ist schwierig, eine Liste mit diesen Punkten aufzustellen, genauso wie es schwierig ist, all die großartigen Momente aufzuzählen, die wir bei Rennen und abseits der Strecke hatten. Ebenso die schwierigen Zeiten, die wir gemeinsam gemeistert haben, die geholfen haben, uns einander noch näher zu bringen. Die Tragödie vom 29. Dezember 2013 hat sein Leben verändert und auch das von seiner außerordentlichen Familie, der ich mich immer sehr nahe fühle.
ZUR PERSON:Jean Todt (70), ist seit 2009 Präsident der FIA. In hoher Position bei Ferrari war er zuvor mitverantwortlich für die Erfolgsserie der Scuderia mit Michael Schumacher. Todt ist ehemaliger Rallye-Pilot. Mit Schumacher verbindet den Franzosen eine enge Freundschaft.
(dpa)