Saarbrücken – Wer einem anderen die Vorfahrt genommen hat, ist dem ersten Anscheinsbeweis zufolge der Schuldige. Doch wenn der Vorfahrtsberechtigte zu schnell unterwegs war, kann er nach einem Unfall mithaften müssen.
Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az.: 134 S 66/19), auf das der ADAC aufmerksam macht.
Im konkreten Fall ging es um einen Autofahrer, der an einem Stoppschild gehalten hatte. Als er davon ausging, dass die Bahn frei ist, fuhr er in die Vorfahrtsstraße ein. In diesem Moment tauchte aber ein Motorradfahrer auf und prallte in die Seite des Autos.
Der Autofahrer forderte Schadenersatz vom Motorradfahrer mit dem Argument, der Biker sei zu schnell gefahren und habe den Unfall verursacht. Zudem hätte er das Motorrad aufgrund einer Straßenkuppe nicht erkennen können. Das Gericht gab dem Autofahrer zum Teil Recht.
Normalerweise sei zwar dem ersten Anscheinsbeweis nach der Wartepflichtige schuld, wenn es zwischen ihm und dem Vorfahrtsberechtigten zu einem Unfall kommt. In diesem Fall sei aber zu berücksichtigen, dass der Motorradfahrer viel zu schnell gewesen war, entschied das Landgericht. Ein Sachverständiger hatte 75 km/h als mögliches Tempo ermittelt – mit 50 km/h wäre der Unfall wohl zu vermeiden gewesen. Daher legte das Gericht trotz des bestehenden Vorfahrtsrechts einen Mitverschuldensanteil von einem Drittel fest.
(dpa/tmn)