Stuttgart – Eigentlich sollte die Wahl zwischen drei Alternativen nicht so schwer sein: Doch bei manchen Autokäufern gerät die Antriebswahl zur philosophischen Frage. Soll die Kraft des Motors über die Vorder- oder Hinterräder auf die Straße kommen? Oder gleich über alle vier Räder?
Der Ansatz von Andreas Zygan ist nicht sonderlich philosophisch, sondern pragmatisch. Bei der Entscheidung für einen Antrieb kommt es auf den Einsatzzweck an, findet der Leiter der Entwicklung im Bereich SUV bei Mercedes-Benz. «Es gibt nicht den besten Antrieb», sagt er.
«Für Regionen mit vielen Steigungen und häufigem Schneefall eignen sich Fahrzeuge mit Allradantrieb, für flachere Regionen reichen zwei angetriebene Räder», führt Zygan aus.
Neigung zum Untersteuern oder Übersteuern
Reinhard Buchsdrücker, Fahrsicherheitstrainer bei der Sachverständigen-Organisation Dekra, findet es schwierig zu sagen, welche Antriebsart die beste ist. «Front- und Hinterradantrieb haben grundsätzlich Vor- und Nachteile, ebenso der Allradantrieb», sagt er.
Ein Fahrzeug mit Frontantrieb schiebt in einer zu schnell gefahrenen Kurve über die Vorderräder – es untersteuert also. Ein Fahrzeug mit Heckantrieb übersteuert in so einer Situation eher – es bricht aus. Vor allem auf glatten Straßen könne sich das bemerkbar machen.
Durch moderne ESP-Regelung merke der Autofahrer bei der Fahrdynamik keinen großen Unterschied, so Buchsdrücker. Frontangetriebene Autos seien aber in solchen Situationen tendenziell besser zu beherrschen als Autos mit Hinterradantrieb.
Vorderradantrieb bringt mehr Platz
Ein weiterer Faktor ist die Leistung des Autos. Bei PS-starken Motoren setzen die Hersteller eher auf Hinterradantrieb oder Allrad. Ein Frontantrieb wird hingegen meistens eingesetzt, weil der Motor quer eingebaut ist und so einen kompakten, leichten und günstigen Antrieb ermöglicht. Zudem schafft das mehr Platz im Innenraum.
Bei der Antriebswahl geht es nach Meinung von Reinhard Buchsdrücker um das Nutzungsverhalten und den Preis. Frontantriebsfahrzeuge böten in der Regel mehr Platz und seien günstiger als vergleichbare Modelle mit Hinterradantrieb. «Die sind wiederum dynamischer ausgelegt und eher etwas für sportlichere Fahrer», sagt Buchsdrücker.
Allrad bringt mehr Grip – und mehr Verbrauch
Allrad-Fahrzeuge bieten bei schlechten Witterungsverhältnissen die beste Traktion und damit auch die meiste Sicherheit. Sie kosten und verbrauchen aber etwas mehr als Autos mit zwei angetriebenen Rädern.
Hans-Joachim Kirchvogel vom Auto Club Europa (ACE) beantwortet die Antriebsfrage wie folgt: «Stadtfahrer setzen besser auf ein Auto mit Frontantrieb, da es weniger verbraucht und günstiger ist.» Die Kraft werde erzeugt, wo sie benötigt wird: nämlich vorne.
Bei Anhängern sind zwei Antriebe im Vorteil
Gespannfahrer seien mit einem Hinter- oder Allradantrieb besser beraten, weil durch den Anhänger die Hinterachse stärker belastet werde und mehr Traktion biete. Allrad-Autos eignen sich für Fahrer, die große Lasten zu transportieren haben und häufig auf schlechten Straßen unterwegs sind, wie Kirchvogel ausführt.
«Im Winter fahren Autofahrer mit einem Frontantrieb sicherer», so Kirchvogel. Denn es sei besser, wenn ein Fahrzeug gezogen wird als wenn es geschoben wird, wie es beim Heckantrieb passiert.
Norbert Funk vom Ausbildungszentrum Teach and Drive in Lengede (Niedersachsen) hat eine eindeutige Meinung: «Wen das höhere Gewicht und der höhere Kraftstoffverbrauch nicht stört, der ist mit einem Allradfahrzeug am sichersten unterwegs», sagt der Fahrlehrer.
(dpa/tmn)