Kassel – Rund 300.000 Fahrraddiebstähle hat das Bundeskriminalamt 2017 registriert. «Die tatsächliche Zahl dürfte noch ein gutes Stück darüber liegen, denn längst nicht jeder Diebstahl wird bei der Polizei angezeigt», sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f).
Zwar sei die Tendenz leicht rückläufig. Die Aufklärungsquote lag dem BKA zufolge 2017 nur bei 9,1 Prozent. «Wer sein Rad nachhaltig vor Diebstahl schützen will, muss es am besten mit einer dicken Kette oder einem Bügel am Fahrradständer, einem Geländer oder einer Straßenlaterne anschließen», sagt Koßmann. Hier gelte letztlich die alte Regel: Stahl bringt Sicherheit. Einfache Rahmenschlösser zum Blockieren der Speichen seien für Diebe kein Hindernis, zumal das Rad dann trotzdem einfach weggetragen werden könne, was ohnehin meist der Fall sei.
Drei Sekunden für Profis und ein neues Angriffsziel
Durchschnittlich dauere es maximal drei Minuten, bis Profis ein Fahrradschloss geknackt haben. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) rät daher dazu, Räder möglichst immer doppelt mit unterschiedlichen Schlosssystemen abzusichern, wenn sie im öffentlichen Raum stehen. Radler kombinieren also beispielsweise ein stabiles Bügelschloss mit einer Kette. Auch elektronische Fahrradschlösser böten sich hier ergänzend an. Sie funktionieren schlüssellos und werden durch das Smartphone geöffnet. Ausschlaggebend auch hier: die Bauart des Schlosses.
«Das Problem ist: Wenn sie als Rahmenschlösser fest am Rad verbaut sind, können auch sie das Wegtragen nicht verhindern», sagt René Filippek vom ADFC. Anbieter wie Bitlock oder Trelock bieten Smartphone-Öffner aber auch für Bügel- oder Kettenschlösser an. Der Vorteil elektronischer Schlösser ist auf den ersten Blick die schlüssellose Absicherung. Andererseits ist die digitale Verbindung zwischen Schloss und Smartphone laut Filippek ein neues Angriffsziel. Manche Systeme setzen daher auf den NFC-Standard, bei dem das Handy sehr nah ans Schloss gehalten werden muss.
GPS Tracking via SIM-Karte und etliche Zusatzfunktionen
Eine andere Möglichkeit ist die zusätzliche Absicherung mittels Mobilfunk. «Die Räder sind dann mit einer fest eingebauten SIM-Karte ausgestattet, so dass der Besitzer via App immer genau den Standort des Fahrrads einsehen kann», erläutert Tobias Krzossa von Vodafone. Wird das Rad aus einem zuvor festgelegten Bereich von einer nicht autorisierten Person entfernt oder macht sich jemand daran zu schaffen, erhalte der Besitzer automatisch einen Alarm aufs Handy.
Im Falle eines Diebstahls könne die Polizei den Täter so schnell überführen. 99 Euro berechnet Vodafone einmalig für das digitale Fahrradschloss, das es bislang aber nur fest verbaut an einigen Pedelecs der Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG) gibt. Eine Nachrüstvariante, die ganz ähnlich funktioniert, bietet die Firma Velocate an. Grundsätzlich bieten diese Systeme immer auch etliche Zusatzfunktionen wie Streckenarchive, die Ermittlung des Kalorienverbrauchs oder eine Analyse des Fahrstils an.
Am Schloss nicht sparen
Als grobe Richtschnur sollten zehn Prozent des Fahrradpreises in die Absicherung investiert werden, rät Koßmann. «80 bis 100 Euro aufwärts kostet ein gutes und stabiles Fahrradschloss.» Neben der stabilen Ausführung sollte das Schloss im besten Fall über eine Teller- oder Scheibenschließung verfügen, da sich dieser Mechanismus nicht so einfach durch einen Schlagschlüssel knacken lasse.
Auch eine Codierung, wie sie von der Polizei oder dem ADFC angeboten wird, bietet zusätzlichen Schutz. Denn der Code erschwert den Weiterverkauf eines gestohlenen Rads und erleichtert die Zuordnung.
(dpa/tmn)