Suzuka – Jeder Meter auf der Zielgeraden von Suzuka erinnert Masashi Yamamoto an das Ausmaß seiner Aufgabe. Überall erblickt der Honda-Sportchef den Schriftzug seines Arbeitgebers am Rand der Formel-1-Strecke, beim 30. Grand Prix in der Mie-Präfektur ist der Autobauer erstmals auch Titelsponsor.
Schritt für Schritt geht Honda in der Formel 1 wieder aufs Ganze, die Zeit der Geduld ist bald vorbei. Wenn der japanische Hersteller ab 2019 auch die Motoren für das Red-Bull-Team baut, gibt es für Misserfolge keine Ausreden mehr.
Das weiß auch Yamamoto, selbst wenn er die bohrenden Nachfragen in Suzuka mit fröhlichem Kichern und PR-Floskeln kontert. «Natürlich gibt es Druck, aber das erzeugt auch gute Energie, die wir in fantastische und fabelhafte Erfolge umwandeln werden», lässt sich der Manager von der Dolmetscherin in seinem Rücken am Freitag bei der Pressekonferenz des Weltverbands übersetzen.
Vier Jahre kämpft Honda seit der Rückkehr in die Königsklasse nun schon um den Anschluss, der japanische Stolz ist ziemlich demoliert. Auch als Lieferant von Toro Rosso geht es beim fünftletzten Saisonlauf am Sonntag (7.10 Uhr) auf der Hausstrecke in Suzuka nur um einen respektablen Mittelfeldplatz.
In den 80-er und frühen 90-er Jahren trieben Honda-Motoren die Williams und McLaren von Nigel Mansel, Nelson Piquet, Ayrton Senna und Alain Prost zu Siegen und Titeln in Serie. 72 Grand Prix gewannen Autos mit Honda-Triebwerken, damit liegen die Japaner auf Platz fünf der erfolgreichsten Motorenbauer der Formel 1. Doch das Comeback in der Rennserie kommt einfach nicht auf Touren.
Zum wahren Desaster entwickelte sich die neuerliche Partnerschaft mit McLaren. Haufenweise Technik-Defekte und mangelnde PS machten Honda zur Lachnummer. Der spanische Ex-Weltmeister Fernando Alonso verhöhnte den Motor in seinem McLaren als bestenfalls ausreichend für eine Nachwuchsserie. Dabei investiert Honda dreistellige Millionen-Summen in die Entwicklungsarbeit. Am Ende der Vorsaison kündigte McLaren die Partnerschaft auf. Nur der Deal mit Toro Rosso verhinderte den erneuten Formel-1-Rückzug der beschämten Japaner.
Auch in dieser Saison geht es für Honda nur mühsam vorwärts. Im Kreis der vier Motorenbauer sind Mercedes und Ferrari weiter klar voraus, nur Renault scheint auf Augenhöhe. So sieht es die Branche als Wagnis, dass auch das größere Toro-Rosso-Schwesterteam Red Bull vom kommenden Jahr an auf Honda-Antriebe setzt. «Wir sind beeindruckt vom Fortschritt von Honda in diesem Jahr», beteuerte Red-Bull-Teamchef Christian Horner in Suzuka und lobte «Engagement, Hunger und Entschlossenheit» des neuen Lieferanten.
Gemessen wird die neue Liaison aber nicht am Fleiß, sondern an Siegen. Mit Sebastian Vettel am Steuer und einem Renault-Motor im Heck gewann Red Bull von 2010 bis 2013 jeweils den Fahrer- und den Konstrukteurstitel. Das ist seither die Messlatte für den Rennstall des österreichischen Getränkeriesen. «Sollte diese Zusammenarbeit warum auch immer nicht wie erwartet funktionieren, bliebe Red Bull nur der Ausstieg aus der Formel 1», sagte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko jüngst unverblümt den «Salzburger Nachrichten».
Mit Langmut darf Honda also bei Red Bull nicht rechnen, für beide Seiten wirkt der Deal wie eine letzte Chance. «Wir schauen nicht, wo unsere Position jetzt ist. Unser Fokus ist die Spitze», sagte Teamchef Horner in der Fragestunde vor dem Suzuka-Rennen. Neben ihm lauschte angestrengt Masashi Yamamoto.
(dpa)