Hamm – Beim Beschleunigungsstreifen der Autobahn gilt in der Regel: Wer auffährt, muss dem Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn Vorfahrt gewähren. Bei Stop-and-go kann diese Regel aber entfallen, wenn der Verkehr länger zum Stehen gekommen ist.
Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm: Ein Autofahrer wollte auf die Autobahn auffahren. Dort stauten sich die Fahrzeuge. Seinem Vordermann gelang es noch, sich vom Beschleunigungsstreifen kommend zwischen zwei Lkw auf der rechten Spur einzufädeln. Er selbst kam halb auf der Fahrbahn und halb auf dem Beschleunigungsstreifen schräg zum Stehen.
Als der hintere Sattelzug wieder anfuhr, übersah dieser das Auto und stieß mit ihm zusammen. Der Autofahrer sollte im Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht 110 Euro zahlen, weil er wartepflichtig gewesen sei.
Das Oberlandesgericht wiederum urteilte: Kein Vorfahrtsverstoß. Diese Vorfahrtsregel gelte zwar auch bei Stop-and-go-Verkehr. Aber nicht dann, wenn der Verkehr auf der durchgehenden Spur derart zum Stehen gekommen sei, dass in kürzerer Frist nicht mit einer erneuten Fahrbewegung zu rechnen sei.
Der Lkw-Fahrer hatte ausgesagt, dass er circa drei bis vier Minuten gestanden hatte. Dann, so das Gericht, hätte die Vorfahrt gar nicht mehr bestanden. Es gelte dann das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (Az. 4 RBs 117/18). Über den Fall berichtet die
Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
(dpa/tmn)