Autonomes Fahren war eines der großen Themen auf dem VDA Technik-Kongress in Berlin. Die heuer am 27. und 28. Februar ausgetragene Veranstaltung hat sich seit den vergangenen Jahren als ein bedeutsamer Innovationsgradmesser erwiesen. Zu den anwesenden hochkarätigen Gästen gehört auch das Unternehmen Aptiv, es vereint die Elektronik und Elektrik Bereiche des ehemaligen Autozulieferers Delphi. Dass es neue Konzepte braucht, um die vielen zukünftigen Features für autonomes und vernetztes Fahren in ein Auto serienrobust zu integrieren, war Kern des Vortrages „Smart Mobility Architecture -The nervous system and brain“ seines Vize-Präsidenten für Smart Mobility Architecture, Lee Bauer. Im Anschluss lud Aptiv zu einem Technik-Roundtable am Meeting Point im Foyer des Kongresses ein. Zudem hatte das in Deutschland in Wuppertal ansässige Unternehmen die IT-Experten des Technologiebereiches Control Tec vor Ort, die das Datenmonitoring und – analyse innerhalb der Smart Architecture entwickeln. Wir sprachen mit Lee Bauer (r) und Christian Schäfer (l) von Aptiv sowie Martin Ridder von Control Tec.
Ist mit ein paar zusätzlichen Sensoren und intelligenter Software der Schritt zum Autonomen Fahren vollzogen?
Nein, die Daten müssen nicht nur erhoben, sondern auch ausgewertet werden. In einer Stunde speichert der Logger bis zu 40 Terabyte an Daten. Sollten Bildsequenzen etwa aus Onboardkameras hinzukommen, werden es nochmals mehr. Mit unser Control Tec Software können wir hier wichtiges von unwichtigem separieren und unseren Ingenieuren eine gute Vorauswahl in Echtzeit zur Analyse und Bewertung schicken.
Welche Datenflut erzeugt demnächst das autonome Fahren in den Fahrzeugen?
Fahrzeuge werden zunehmend durch Software definiert. Dadurch werden mehr Inhalte verarbeitet, und viel mehr Daten generiert. Während eines Wimpernschlags tauscht ein Fahrzeug 15.000 Daten aus. Bis 2020 wird sich diese Zahl auf 100.000 erhöhen.
Welche Herausforderungen stellt das Autonome Fahren in Bezug auf Sensorik und Steuergeräte dar?
Stromversorgung und Bandbreite sind hier die wesentlichen Themen. Die verbauten ECUs sind Supercomputer in einem Auto – es fallen nun mal gewaltige Datenmengen an, die es zu sortieren und zu analysieren gilt. Die Spannungs- als auch die breitbandige Signalversorgung müssen unter allen Betriebs- und Umweltbedingungen zuverlässig zur Verfügung stehen. Speziell beim Autonomen Fahren der Stufen vier und fünf gibt es die traditionelle Rolle des Fahrzeugführers nicht mehr. Bei fünf ist überhaupt kein menschliches Eingreifen mehr vorgesehen. In diesen Fällen ist eine mehrfache Redundanz der Systeme zwingend erforderlich.
Wo Strom fließt, entsteht Wärme. Kann die zu einem Problem werden?
Es gibt neue Überlegungen zur Kühlung. Einmal gilt es die Abwärme so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig neue Wärmeabführungskonzepte zum Beispiel über die Karosserie durchzuspielen. Luft- und Wasserkühlung werden diskutiert. Es kommt sehr auf die konkreten Fälle an. Auf alle Fälle warten auf die Designer, Konstrukteure und Materialspezialisten neue interessante Aufgaben.
Welche Leitungstechnik findet Verwendung?
Die zu bewältigende Datenmenge beim Autonomen Fahren verlangt nach Highspeed-Datenleitungen. Hier ist unser Ziel, möglichst wenige geschirmte Leitungen einzusetzen, die ungeschirmten sind leichter und kostengünstiger. Lichtleiter eigen sich im automotiven Einsatz nur bedingt, sie können etwa die hier verlangten Biegeradien nicht immer erfüllen und haben Nachteile bei der Robustheit. Strom wird wie bereits heute durch Alu- und Kupferleiter, sei es in Leitungs- oder Schienenform, transportiert werden.
Wie steht es in der Zukunft um den Stromverbrauch? Der wird nicht sinken, oder?
Das kommt darauf an, wie smart wir werden. Stand heute, müssen wir noch davon ausgehen, dass wir fürs Autonome Fahren 1kW mehr benötigen. Neben den heute üblichen Lasten in den Bereichen Antrieb, Chassis, Komfort und Sicherheit werden die Computing Platforms und die umfassende Aktuatorik wie etwa für Lenk- und Bremseingriffe zu den wesentlichen Verbrauchen gehören.
Vielen Dank!
Bilder: Aptiv (3), Arild Eichbaum (2)