Los Angeles – Draußen brennt die Sonne vom Himmel, easy going ist die Devise des Tages. Selbst in den Messehallen tragen sie alle ein breites Strahlen auf dem Gesicht: Gute Laune gehört zu Los Angeles. Davon lassen sich sogar die Autobosse anstecken.
Denn obwohl ihnen Schadstoffdiskussionen und Seiteneinsteiger wie Tesla das Leben schwermachen, treten sie zur
LA Auto Show am Ende des PS-Jahres noch einmal so leicht und locker auf, als wären sie beim Casting für La La Land: Luxus und Leistung laufen gut im meilendicken Speckgürtel der Metropole. Und der kleinkarierte Ärger aus Europa ist zwölf Flugstunden entfernt.
Entsprechend dick tragen sie auf im Staples Center. Zwar ist die Zahl der Neuheiten überschaubar. Doch von Banalitäten wie einem kleinen, nicht für Europa bestimmten Nissan-Geländewagen Kicks und dem zweiten Facelift für den Mazda6 einmal abgesehen, sind es fast ausschließlich Autos mit Charakter, Charisma und vor allem jeder Menge Glanz und Gloria, die sie hier vorstellen. Und natürlich bedienen sie dabei alle Klischees.
So rollt Mercedes den Besserverdienern in Santa Barbara oder Newport Beach die dritte Generation des CLS auf die Bühne und wirbt für das viertürige Coupé vor allem mit dem Komfort und dem Luxus der S-Klasse. Weil es dem Hit zufolge schließlich nie regnet in Southern California, nimmt BMW beim Zukunftssportwagen i8 das Dach herunter.
Und weil man selbst aus Downtown Los Angeles nur 45 Minuten bis in die Wildnis fahren muss, passt auch der neue Jeep Wrangler perfekt auf die Messe – zumal man die optisch nur dezent weiter entwickelte Legende nach wie vor auch als Cabrio fahren kann, wenn man das Softtop abbaut, die Türen aushängt und die Frontscheibe auf die Motorhaube klappt.
Auch die nochmals nachgeschärfte neue Corvette ZR1 mit 6,2 Litern Hubraum und 563 kW/765 PS hat trotz des Dauerstaus auf dem Highway 405 ihre Berechtigung auf dieser Messe. Denn man muss nur einmal abends auf den Rodeo Drive oder den Wilshire Boulevard gehen, um zu sehen, mit welch kindlicher Freude dort erwachsene Männer ihre Supersportwagen durch den Stau zirkeln, selbst wenn sie nicht wie die Corvette mit weit über 300 km/h, sondern nur mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind.
In die gleiche Kerbe schlägt Porsche, nur nicht ganz so tief. Die Schwaben, die allein in Kalifornien mehr Sportwagen verkaufen als irgendwo sonst auf der Welt, zeigen in Los Angeles die neue Spitzenversion des 718 und stellen Boxster und Cayman als GTS mit 268 kW/365 PS auf die Bühne.
Zwar schweben die Autohersteller in Los Angeles auf Wolke sieben, genießen sichtlich die beinahe surreale Hollywood-Stimmung und hegen offenbar keinen Zweifel an einem Happy End. Doch so ganz abgekoppelt von der Wirklichkeit haben sie sich trotzdem nicht.
Denn wenn man genau hinschaut, steckt in den vergnüglichen Neuheiten zumindest ein Hauch von Vernunft: Mercedes und Infiniti bauen in CLS und QX50 jeweils eine neue Generation von Motoren ein und versprechen in Stuttgart durch den elektrischen Boost eines 48-Volt-Systems und in Tokio mit dem ersten Serienbenziner mit variabler Verdichtung einen deutlichen Verbrauchsgewinn.
Der rustikale Jeep Wrangler hat trotz besserer Geländeeigenschaften und stabilerer Konstruktion immerhin 90 Kilo abgespeckt. Die Range-Rover-Flotte fährt jetzt als Plug-in-Hybrid erstmals ein paar Kilometer elektrisch. Und der BMW i8 wird zum ersten elektrischen Roadster seit dem Ende des offenen Tesla.
Zugleich ist der luftige Zweisitzer aus Bayern die perfekte Antwort auf die Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump. Denn Kunden, die globale Erwärmung nur für eine Fake News halten, können mit diesem Auto weiter den kalifornischen Traum eines niemals endenden Sommers genießen. Und falls sie sich am Ende doch Sorgen machen über den zu hohen CO2-Ausstoß – zumindest bis zu 53 Kilometer weit fährt der Roadster emissionsfrei.
(dpa/tmn)