Berlin (dpa-infocom) – Für Designchef Marc Lichte markiert er einen Neuanfang, und für Entwicklungschef Peter Mertens einen großen Schritt in die Zukunft des Autos: Bevor der neue A8 im November für 90 600 Euro in den Handel kam, hatte Audi dick aufgetragen.
Klappern gehört zum Handwerk. Erst recht, wenn es um das Flaggschiff geht und die Gegner keine geringeren sind als die Mercedes S-Klasse und der BMW 7er.
Neuer Stil und scharfe Sinne
Für diesen Showdown im Smoking haben sich die Bayern bestens gerüstet. Denn der A8 ist nicht nur tatsächlich der erste neue Audi seit Jahren, der mit seiner schnelleren Silhouette, dem stolzeren Bug und vor allem der durchgehenden Lichtleiste am Heck nach mehr aussieht als einem verhuschten Facelift.
Vor allem macht ihn seine neue Elektronik zu einem Schlaumeier, der seinen Konkurrenten zumindest in der Theorie voraus ist: Als erstes Serienauto hat er auf dem Weg zum autonomen Fahren die Stufe 3 erklommen.
Steuerfrei durch den Stau
Ohne Zutun des Fahrers kommt die Luxuslimousine alleine durch den Stau und übernimmt auf der Autobahn bis Tempo 60 alle Verantwortung. Das funktioniert zwar beim ersten Test schon so gut, dass man tatsächlich die Hände in den Schoß legen, Fernsehen schauen oder sich dem Beifahrer zuwenden kann. Doch fehlt dem System noch die Zulassung.
Weil die frühestens in einem Jahr erwartet wird, bleibt das ein theoretischer Vorteil. Und was der A8 sonst kann vom assistierten Spurwechsel über den schlauen Tempomaten bis hin zum automatischen Garagenparken, das können Siebener und S-Klasse auch.
Cockpit (fast) ohne Knöpfe
Deshalb will Audi nicht nur mit künstlicher Intelligenz punkten, sondern auch mit einem völlig neuen Ambiente: Konsequenter als die Konkurrenz haben die Bayern das Cockpit deshalb auf digitale Displays und Touchscreens umgestellt und dabei fast alle Schalter ausgemustert.
Das sieht spektakulär aus, wenn sich etwa erst nach einem Fingerzeig elektrisch die Lüfterdüsen öffnen. Und es schafft eine Ruhe und Weite im Cockpit, wie es sie sonst nirgends gibt.
Vertraute Gefühle im Fond
So ungewöhnlich die erste Reihe des A8 wirkt, so vertraut fühlt man sich dagegen im Fond. Denn bis auf den kleinen, herausnehmbaren Tablet-Computer in der Mittelarmlehne genießt man dort erst einmal nur das noble Ambiente einer Luxuslimousine von 2,99 Metern Radstand und 5,17 Metern Länge in der Standardversion und jeweils 13 Zentimetern mehr im 3500 Euro teureren A8L. Bis man sich genauer umschaut und ein paar innovative Finessen entdeckt.
Im Himmel zum Beispiel gibt es LED-Matrixleseleuchten, deren Lichtkegel man fernsteuern kann. Und wo einem andere Autos nur den Rücken wärmen und kneten, bietet der A8 das erstmals auch für die Füße.
Dynamische Nebensächlichkeit
Zwar wird das Fahren im A8 so immer mehr zur Nebensache. Doch wer partout selbst ins Lenkrad greifen will, erlebt den A8 als ungewöhnlich dynamisches Auto – auch wenn ausgerechnet Audi als Vorreiter des Aluminium-Leichtbaus zu einer Mischbauweise zurückgekehrt ist.
Aber als Kompensation für ein paar mehr Kilogramm gibt es nun eine Hinterachslenkung, die den Wagen in engen Kurven virtuell auf das Format eines A4 schrumpfen lässt. Außerdem haben die immer mit Allradantrieb und Achtgang-Automatik gekoppelten Motoren natürlich mehr Dampf und trotzdem weniger Durst.
Erstmal nur zwei V6-Motoren
Zum Start gibt es den A8 mit einem drei Liter großen V6-Diesel mit 218 kW/286 PS oder dem ebenso großen Benziner aus dem Testwagen, der auf 250 kW/340 PS kommt. 2018 folgen zwei V8-Triebwerke, der Zwölfzylinder und ein Plug-In-Hybrid. Aber elektrifiziert sind diesmal aber alle Triebwerke. Dafür montiert Audi anstelle des konventionellen Anlassers einen neuen Riemenstarter-Generator. Dieser E-Motor kann die Limousine zwar nicht alleine bewegen. Aber er hilft beim Beschleunigen, verlängert die Start-Stopp-Phasen und das Segeln, macht sie komfortabler und effizienter und kann obendrein besser rekuperieren.
Das bringt im Alltag laut Audi bis zu 0,7 Liter weniger Verbrauch und drückt den Normwert etwa für den V6-Benziner aus dem Testwagen auf 7,5 Liter (CO2-Ausstoß: 171 g/km). Nicht schlecht für einen Koloss von 1920 Kilogramm, der in 5,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und mühelos 250 Sachen erreicht.
Fazit: Theoretischer Sieger auf Augenhöhe
Er sieht außen endlich mal frisch aus und hat mit seinem Hightech-Cockpit ein fast schon revolutionäres Innenleben. Er bietet dem Fahrer Leistung und den Hinterbänklern Luxus im Überfluss. Und mit seinen intelligenten Assistenzsystemen könnte er den Segen der Gesetzgeber vorausgesetzt zum Vorreiter werden. Bis dahin bewegt sich der Überflieger im Wartestand mit der Konkurrenz auf Augenhöhe. Doch wenn die Gegner 7er und S-Klasse heißen, ist das Auszeichnung genug.
Datenblatt: Audi A8 55 TFIS
Motor und Antrieb: | V6-Turbo-Benzindirekteinspritzer |
Hubraum: | 2995 ccm |
Max. Leistung: | 250 kW/340 PS bei 5000 bis 6400 U/min |
Max. Drehmoment: | 500 Nm bei 1370 bis 4500 U/min |
Antrieb: | Allradantrieb |
Getriebe: | 8-Gang-Automatik |
Maße und Gewichte | |
Länge: | 5172 mm |
Breite: | 1945 mm |
Höhe: | 1473 mm |
Radstand: | 2998 mm |
Leergewicht: | 1920 kg |
Zuladung: | 760 kg |
Kofferraumvolumen: | 505 Liter |
Fahrdaten | |
Höchstgeschwindigkeit: | 250 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: | 5,6 s |
Durchschnittsverbrauch: | 7,5 Liter/100 km |
Reichweite: | 960 km |
CO2-Emission: | 171 g/km |
Kraftstoff: | Super |
Schadstoffklasse: | EU6 |
Energieeffizienzklasse: | B |
Kosten | |
Basispreis des Audi A8 (50 TDI): | 90 600 Euro |
Grundpreis des Audi A8 55 TFSI: | 93 500 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 212 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung | |
Sicherheit: | Sechs Airbags, Spurhalte-Assistent, Verkehrsschilderkennung |
Komfort: | Klimaautomatik, Tempomat, Digitales Display |
Spritspartechnik: | Start-Stopp-Automatik mit Riemengenerator |
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke
(dpa)