San Juan de Marcona – Mitten in den Dunas De Ica sinkt ein Fan mit portugiesischer Fahne auf die Knie. An ihm vorbei rast André Villas-Boas, eigentlicher Beruf: Fußball-Trainer. Diesmal auf Abwegen.
Der 40-Jährige tritt in einem Toyota Hilux mit der Startnummer 346 bei der 40. Auflage das berühmten und berüchtigten Rallye Dakar an. «Mit der Unterstützung wie dieser werden wir bis Cordoba fliegen», schrieb Villas-Boas bei Instagram. Cordoba ist am 20. Januar das letzte Ziel der diesjährigen Südamerika-Dakar, bis dahin kommen auf Villas-Boas noch einige Herausforderungen auf den knapp 9000 Kilometern durch Peru, Bolivien und Argentinien zu.
Trotz der familiären Rennsportvergangenheit – Onkel Pedro nahm bereits in den 80ern an der Dakar teil – und seiner großen Leidenschaft für den Motorsport ist es für Villas-Boas auch ein bisschen eine verkehrte Welt. «Wir hatten nicht viel Zeit zu testen, aber wir haben den Willen zu lernen», sagte Jean-Marc Fortin. Er ist diesmal so etwas wie Villas-Boas Coach, er ist der Direktor des Teams Overdrive Racing, für das der portugiesische Trainer antritt.
Gibt Villas-Boas sonst seinen Spielern die Anweisungen, hat auf den insgesamt 14 Etappen zudem ein anderer das Sagen. Den Weg diktiert Beifahrer Ruben Faria, Zweiter 2013 in der Motorrad-Konkurrenz. Eigentlich wollte auch Villas-Boas lieber auf zwei Rädern antreten, ein Kumpel riet ihm davon ab. Die Dakar in einem Auto zu schaffen, ist schon schwer genug.
Villas-Boas lieh sich extra ein Höhenzelt, um sich auf die dünne Luft auf einigen Etappen vorzubereiten. Von seinen Trainerassistenten ließ er sich ein Fitnessprogramm erstellen. «Aber ich habe keine Ahnung, wie mein Körper reagiert», sagte er vor dem Start, gut einen Monat nachdem er seinen Job als Trainer in Shanghai beendet hatte.
Mittlerweile hat er sich bei seinem Rallye-Ausflug schon etwas akklimatisiert. Nach der Premierenetappe schrieb Villas-Boas: «Ein sehr stolzer Moment. Ich könnte nicht glücklicher sein.» Nach der zweiten bedankte er sich ausdrücklich bei seinem Co-Piloten und stellte fest: «Es war so schwer.» Die Dritte beendete Villas-Boas mit einem Rückstand von knapp 2:20 Stunden auf den Tagessieger und Topfavoriten Nasser Al-Attiyah aus Katar in einem weiteren Toyota.
Ums Siegen geht es dem ehemaligen Coach unter anderem des FC Porto, FC Chelsea und von Zenit St. Petersburg diesmal auch nicht. Villas-Boas, der von seinem Vater als Bub mit nach Estoril zu Formel-1-Rennen oder Rallye-WM-Läufen in Portugal mitgenommen worden war, erfüllt sich einen Kindheitstraum.
Um Symptome einer Midlife-Krise handle es sich nicht. «Nein, niemals», sagte er der Londoner «Times». Er weiß aber, dass diese Wunscherfüllung auch lebensgefährlich ist. Über 70 Menschen starben schon in der Geschichte der Dakar. «Du weißt, dass es passieren kann. Du akzeptierst es und machst weiter», sagte er.
(dpa)