240 Seiten stark: Der neue Grundlagenvertrag der Formel 1

Montréal – Die Formel 1 ist eine Profitmaschine. Viele Fans bedeuten viel Interesse bedeuten viel Geld.

Auf der sonnenbeschienenen Île Notre-Dame in Montréal bilden sich Menschenschlangen. Die Formel-1-Fans von Sebastian Vettel, Lewis Hamilton & Co. pilgern in Scharen auf den Circuit Gilles Villeneuve, der auf einer künstlichen Insel im Sankt-Lorenz-Strom liegt. Solche Bilder mag der Rechteinhaber Liberty Media.

Die Königsklasse des Motorsports soll weiter florieren. Dafür tritt ab der Saison 2021 ein neuer Grundlagenvertrag in Kraft. Vor dem Grand Prix von Kanada erhielten die Rennställe um Branchenprimus Mercedes und Ferrari Post vom Motorsport-Weltverband FIA, wie das Fachmagazin «Auto, Motor und Sport» berichtete. Auf 240 Seiten sei der Neustart präsentiert worden. Die Blaupause enthielt demnach Pläne für das künftige technische und das sportliche Reglement. Außerdem wurde das finanzielle Rahmenwerk zugestellt.

Von einer mutigen Lösung im Kampf gegen die Kostenexplosion bei den Rennställen ist dem Bericht zufolge aber nicht viel übrig geblieben. Statt einer Budgetgrenze in Höhe von etwa 130 Millionen US-Dollar soll die Deckelung bei 175 Millionen US-Dollar pro Saison liegen – Ausnahmen inklusive wie die Fahrergehälter und die Kosten für die Motoren.

Für die unter dem kostspieligen Entwicklungsdruck ächzenden kleineren Rennställe ist das keine Optimallösung. Der Widerstand in Sachen Kostenkontrolle hielt sich jedoch in Grenzen. «An der Front blieb es relativ ruhig», sagte Formel-1-Sportchef Ross Brawn «Auto, Motor und Sport».

Das frühere Technik-Superhirn hinter den WM-Titeln von Michael Schumacher war vom Formel-1-Eigner Liberty Media mit der Umsetzung der Regelreform beauftragt worden. «Wir wollen die Formel 1 spektakulärer und die Rennen unvorhersehbarer machen», hatte Brawn die Zielsetzung formuliert. Unter anderem soll das durch Änderungen an der Aerodynamik bewirkt werden, damit die Autos auf der Strecke leichter überholen können und es zu mehr Rad-an-Rad-Duellen kommt.

Insbesondere die künftige technische Abnahme der Wagen hat Unmut bei den Teams ausgelöst. Diese soll nicht mehr am Donnerstag, sondern erst freitags in der Früh erfolgen. Die Autos sollen dann jedoch das gesamte Wochenende nicht mehr mit veränderten Teilen aufgerüstet werden dürfen. Das soll Kosten senken, die gewonnene Zeit indes soll Platz für mehr Rennen im Kalender schaffen.

«Ich denke nicht, dass man wirklich viel mehr als 21 Rennen machen kann. Man muss dann mit einer zweiten Schicht arbeiten», warnte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. «Wir haben damit angefangen, ein bisschen zu rotieren, man kann aber nicht wirklich das Führungspersonal rotieren.»

Die Lösung? Das Geld. «Wenn wir mehr Rennen machen, muss das mit höheren Einnahmen und spektakulären neuen Strecken oder neu erschlossenen Märkten verbunden werden», meinte Wolff, der durch eine weitere Expansion allerdings die Exklusivität der Veranstaltung Formel 1 bedroht sieht.

«Die Familien sind mir egal», meinte Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost ungerührt über den Faktor Belastung. «Wir haben 52 Wochenenden, wir können sogar 26 Rennen haben.» Für ihn sei entscheidend, dass die Teams ihren gerechten Anteil an den Erträgen bekommen. «Dann habe ich kein Problem damit.»

Widerstand hat zudem das künftige Design der Rennwagen hervorgerufen. Die Ingenieure befürchten zu wenige technische Freiheiten. Bis Ende Oktober haben die Teams nun einen Aufschub erwirkt, um die Technikregeln in Form zu gießen.


(dpa)

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